08.06.2020, 00:52
In der letzten Stadtratssitzung stellte Bürgermeister Winter (CSU) einen Sachlagebericht zum ehemaligen Maria-Ward-Kloster vor. Die überdurchschnittlich vielen Besucher:innen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits fast 3 Stunden auf diesen Moment gewartet.
Um den Spannungsbogen nicht überzustrapazieren: der Name Holzbaur ist dabei nicht gefallen. Der Bürgermeister entschied sich dagegen, den Stadtrat über unser Anliegen zu informieren. Die meisten Besucher:innen, jedenfalls, verließen die Sitzung mit dem Gefühl, dass wichtigen Themen unausgesprochen blieben.
Der Sachlagebericht beinhaltete:
• Mitte 2019 hat die Congregatio Jesu die Pro Secur Vermögensberatung und -verwaltung GmbH beauftragt, Investitionsmöglichkeiten für das ehemalige Maria-Ward-Kloster zu erörtern.
• Im September 2019 gab es die ersten Gespräche zwischen Pro Secur und der Stadt Mindelheim. Die Bebauung ist grundsätzlich möglich, Stellplätze müssen laut Satzung entsprechend zur Verfügung gestellt werden. Die Vertreter:innen der Stadt sind der Meinung, dass an dieser Stelle kein bauleitplanerisches Wirken ihrerseits notwendig ist.
• Die Stadt möchte öffentliche Stellplätze im unteren Altstadtbereich schaffen, gemäß einem Antrag der CSU aus dem Jahr 2018.
• Nachdem in mehreren Bürgerbeteiligungsprozessen betont wurde, dass es nicht noch mehr Stellplätze in der Altstadt geben solle, könnte die Zufahrt über den Altstadtring erfolgen.
• Oktober 2019: Die Bebauung der Maximilianstraße 62/63 soll laut Bürgerbeteiligungsprozess ein "besonderes Projekt" für die Stadt Mindelheim werden.
• Pro Secur möchte das Grundstück erwerben.
• Der Denkmalschutz fordert die Erstellung eines kommunalen Denkmalschutzkonzepts.
• Während Corona fanden keine weiteren Gespräche statt. Aktuell bewertet die Firma Pro Secur alle Rahmenbedingungen und stellt dann die möglichen Alternativen im Stadtrat vor.
Der Bürgermeister betont auch zum Ende hin noch einmal, dass es sich hier um ein privates Bauvorhaben handelt.
Wahrscheinlich hatte die späte Stunde Schuld daran, dass niemand der redeberechtigten Personen diese Aussage stutzig machte, obwohl Winter doch im gleichen Vortrag erwähnte, dass dieses Projekt beim Bürgerbeteiliungsverfahrens besondere Aufmerksamkeit zuteilkam. Das Projekt im Herzen der Stadt Mindelheims sollte aber nicht nur den Bürger:innen, sondern auch ihrer Verwaltung am Herzen liegen.
Das Interesse der Stadtvertretung gilt aber „lediglich“ der Schaffung neuer öffentlicher Parkplätze. Ein Verkehrsgutachten, was als Begründung dienen könnte, steht erst noch aus.
Ursula Kiefersauer, die Antragstellerin, dankt dem Bürgermeister dafür, im Gespräch zu bleiben. Die Politik ist für die Bürger da und der Stadtrat lebt von der Meinungsvielfalt. Um ein behutsames, gutes Ergebnis zu finden sei eine enge Zusammenarbeit mit dem privaten Investor wichtig.
Bürgermeister Winter bestätigt, dass es verschiedene Belange gibt, die sich diametral gegenüber stehen. Diese wären jedoch unterschiedlich wichtig.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie sehr die Stadtverwaltung in jahrzehntealten Denkmustern feststeckt. Während andere Städte nachhaltige, sozial- und klimagerechte Viertel fördert, gibt die Stadt Mindelheim hier abermals eine Chance aus der Hand. Möglich wäre beispielsweise ein genossenschaftlich organisiertes Mehrgenerationenhaus, mit Raum für Begegnungen, wo sich die Bewohner:innen kennen, gegenseitig unterstützen und sich mit Freude gemeinsam wenige Autos teilen. Dies wäre ein echtes Leuchtturmprojekt und könnte eine Entwicklung in Gang stoßen, die zu einer echten Reduzierung der Verkehrsbelastung führen würde.
Doch was zuvor am Widerstand der Grundstückbesitzer:innen im Stadtgraben scheiterte, schien seit dem Erbe des Holzbaur-Grundstückes in greifbare Nähe gerückt zu sein: Eine weitere Zufahrt über den Stadtring und damit eine weitere Zerschneidung des Stadtgrabens, für die majestätische Bäume gefällt, ein Garten asphaltiert und ein denkmalwürdiger Teil der Stadtmauer inklusive kulturellem Erbe abgerissen werden müsste. Ob dies dem Erbe, dem Denkmal oder dem Stadtklima gerecht wird, bleibt an diesem Abend unausgesprochen.
Traurig, denn das Erbe der Holzbaurs wird zwar von der Stadt verwaltet, doch es gehört den Mindelheimer Bürgerinnen und Bürgern.