08.07.2016, 13:52
Platz 350 von 402 Kreisen und kreisfreien Städten Deutschlands.
Das ist das Ergebnis für unsere Stadt im jüngsten Prognos Zukunftsatlas, der Chancen und Risiken einer Region seit mehr als 10 Jahren sichtbar macht. Er gibt Hinweise und Orientierung im Standortwettbewerb für alle regionalen Akteure und ist zugleich ein Zeugnis ihrer Arbeit in der Vergangenheit.
Steht Cottbus im Bereich Arbeitsmarkt noch ganz gut da und bei einer Demografie am Ende des letzten Drittels, so offenbaren die Kriterien Wohlstand (Platz 377) und Innovation (hier landet der Uni-Standort auf Platz 393) alles andere als rosige Zukunftsperspektiven.
Die Zukunft, das sind auch unsere Kinder.
Am 07.07.2016 trafen sich Initiatoren und Unterstützer der Petition „Gegen die Erhöhung der KITA-Gebühren der Stadt Cottbus ab 01.08.2016“ mit dem Fachbereichsleiter Jugendamt, Herrn André Schneider.
Thema Elternbeiträge und Platzkosten.
Darf es sein, dass der Elternbeitrag die rechnerischen Kosten eines Betreuungsplatzes übersteigt? Hierzu gibt es Aussagen ohne sachliche und rechtliche Klarheit, das ist vielen Beteiligten auch durchaus bewusst. Vom Land kommen zu wenig Mittel, die Stadt gibt bereits so viel aus und die meisten Träger gehen den Weg des geringsten Widerstandes.
Ist es denn so schwer, sich auf eine rechtlich saubere, für alle Seiten faire und verbindliche Berechnungsgrundlage zu einigen? Oder beschließt man einfach mal etwas, geht dann in Deckung und wartet, ob Eltern neben Kindern, Haushalt und Job auch noch Zeit für den Rechtsweg haben?
Wenn Unternehmen Dinge – im Wissen, dass etwas faul oder zumindest ungeklärt ist – an den Verbraucher transferieren, ist der Aufschrei zu Recht groß. In Verwaltung und Politik aber lässt man zu, wie dies auf dem Rücken unserer Kinder geschieht (und auf dem Rücken der Erzieher, Träger etc.)?
Dabei ist die Welt doch gerade voll von Beispielen, was passiert, wenn ein Alltagsproblem zum Einzelfall deklariert und aus Haushaltszwängen heraus das Nachdenken über den eigentlichen Sinn und die Aufgabe des eigenen Wirkens eingestellt wird.
Thema Gründe für die Gebührenerhöhung.
Die Absicht, in die Qualität der Kinderbetreuung zu investieren, ist löblich, ohne Frage. Das darf man bei Elternbeiträgen von mehr als 10% des Nettoeinkommens (zwischen Mindest- und Höchstbeitrag, ohne Verpflegung) und bei monatlichen(!) Mehrbeiträgen bis in den dreistelligen Bereich hinein auch erwarten.
Um herauszufinden, was gestiegene Personalkosten und marginal verbesserte Betreuungsschlüssel dann in der Praxis an Qualitätsverbesserungen mit sich bringen, was also am Ende tatsächlich herauskommt, dazu müsste man einmal das Gespräch mit Erziehern und Eltern in der Kita um die Ecke suchen und zuhören. Wahrscheinlich sind das dann aber auch alles Einzelfälle.
Thema Verantwortung für die Zukunft unserer Stadt.
Herr Schneider hat sich die Zeit genommen. Dafür sind ihm die drei Fragesteller sehr dankbar. Viel Hoffnung, macht er ihnen allerdings nicht, denn es sei alles bereits durchdiskutiert, abgewägt und berücksichtigt worden. Die Darstellung der Zahlen, die auch als Vorlage zur Entscheidung der Stadtverordneten diente, lässt nur schwer erkennen, vor welchen Herausforderungen die Eltern in unserer Stadt tatsächlich stehen.
Es wurde entschieden, dass jetzt weniger Zeit und Geld für Familie oder ehrenamtliches Engagement verbleibt. Die Stadt Cottbus ist damit sicher nicht attraktiver geworden für Eltern, die einem Beruf nachgehen, für potenziell in die Region zurückkehrende Fachkräfte oder für junge Unternehmer, die hier nicht nur ihr Start-Up sondern ein wachsendes Unternehmen ansiedeln wollen.
Dann bleibt noch die Frage, wie ernst es den Verantwortlichen der Stadt ist, sich mit den Positionen der von knapp 2.000 Unterzeichnern gestützten Petition auseinanderzusetzen, neu zu bewerten und zu überarbeiten.
Erwähnenswert ist, dass es einen Träger gibt, der sich seiner Verantwortung bewusst ist und eben nicht den einfachen Weg geht. Über seinen begründeten Antrag mit abweichender Beitragsordnung hat die Stadtverwaltung zu entscheiden.
Herr Schneider legt großen Wert auf familienfreundliche Bedingungen für seine Mitarbeiter im Jugendamt. Vielleicht ist dies ja nicht nur für die Angestellten in seinem Fachbereich sondern für alle in unserer Stadt ein Motto, für das es sich zu kämpfen lohnt?