28.05.2013, 06:53
Wiener Straßen sollen nach Frauen umbenannt werden
von Birgit Baumann, Kerstin Scheller, 20. Mai 2013, 18:17
Die Wiener Grünen fordern, dass Straßen in Wien bei etwaigen Umbenennungen künftig verpflichtend nach Frauen benannt werden müssen.
Frauensprecherin Martina Wurzer fordert gezielte Umbenennungen nach Berliner Vorbild
Wien/Linz/Berlin – Anfang Juni soll der Forschungsbericht über historisch belastete Straßennamen in Wien vorliegen. Martina Wurzer, Gemeinderätin und Frauensprecherin der Grünen, fordert schon jetzt vom roten Koalitionspartner, dass Straßen bei etwaigen Umbenennungen verpflichtend nach Frauen benannt werden müssen.
Die Wiener Grünen kämpfen seit längerem für mehr weibliche Straßennamen. Von den etwa 4.100 nach Personen benannten Straßen erinnern derzeit nur 329 an Frauen. Ähnliches Bild, andere Stadt: In Linz erhielten von den 1131 benannten Verkehrsflächen, 539 ihre Namen nach konkreten Personen. Namenspatinnen sind nur 38 darunter. Auffällig ist, dass in der 25-jährigen Amtszeit von Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) 72 Prozent der neu geschaffenen Verkehrsflächen nach Persönlichkeiten benannt wurden. Wenigstens im letzten Jahrzehnt wurde öfter an Frauen gedacht, der Anteil der Frauennamen stieg auf etwa ein Viertel.
In Wien setzt Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny auf die neuen Stadtzonen: “In Aspern werden fast ausschließlich Frauennamen verwendet, es gibt auch andere Stadtentwicklungsgebiete, wo das der Fall ist”.
Spott in Berlin
Für Wurzer ist das zu wenig: “Wir wollen Frauengeschichte ins Zentrum des Stadtlebens bringen”. Innerstädtisch gebe es aber keine leeren Flächen, sagt Mailath-Pokorny, daher sieht er “keine andere Möglichkeit” .
In Berlin etwa hat der grün-regierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg schon 2005 eine Frauenquote eingeführt: Dort gibt es momentan 125 “Männer-” und zwölf “Frauen”-Straßen. Bis Gleichstand herrscht, werden Straßen nur nach Frauen benannt.
Mitunter kann die Benennungsfrage auch zur Farce werden. Das Jüdische Museum in Berlin wollte den Platz vor seinem Gebäude nach dem jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn benennen. Aber: Er war eben ein Mann. Es folgten Debatten, ob nicht eine Ausnahme möglich sei. Nein, beschied die Bezirksversammlung, obwohl sie dies bereits zwei Mal genehmigt hatte – die Kochstraße wurde etwa in Rudi-Dutschke-Straße umbenannt. Der Platz vor dem Jüdischen Museum heißt jetzt nach dem Ehepaar ” Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz”. Der Spott für die Grünen war groß: Toll, dass es eine Frau als Anhängsel geschafft habe. (bau, ker, pm, DER STANDARD, 21.5.2013)