17.05.2013, 14:08
Bündnis90/Die Grünen Friedrichshain-Kreuzberg
Götz Aly hat sich in der Berliner Zeitung in insgesamt vier Kommentaren zur Benennung des Platzes vor der Akademie des Jüdischen Museums geäußert - wir antworten ihm in Form zweier Leserbriefe von Fraktionsmitgliedern.
Sehr geehrter Herr Aly,
der Platz vor der Akademie des Jüdischen Museums Berlin (JMB) wird nun Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz heißen. Dafür hat sich die Bezirksverordnetenversammlung in Friedrichshain-Kreuzberg mit ihren Fraktionen CDU, SPD, Grüne, Linke und Piraten auf der Sitzung am 24. April – einstimmig – ausgesprochen.
Dem vorangegangen sind 12 Monate ebenso intensive wie lebendige Debatte für die Namensfindung. Rund 30 Namensvorschläge wurden in dieser Zeit von Bürgerinnen und Bürgern, Laien und Fachleuten, von den Fraktionen der BVV und vom JMB eingebracht und diskutiert: in den Fachausschüssen der BVV, von den Experten der bezirklichen Gedenktafelkommission und nicht zuletzt in einem Werkstattgespräch im Januar diesen Jahres. Dies stets in Anwesenheit und mit aktiver Beteiligung des JMB, das im Lauf der Zeit selbst eine Reihe von Namensvorschlägen unterbreitet hat.
So lauteten die ersten, im vergangenen Frühjahr vom Museum favorisierten Namen Hilde Domin, Regina Jonas und Chaim Nachman Bialik. Anschließend war eine Weile der spanisch-ägyptische Gelehrte und Religionsphilosoph des Mittelalters Maimonides die Nr.1 des JMB, und zusätzlich wurden die Namen Spinoza und Moses Mendelssohn ins Spiel gebracht. Als Mitglied im Stiftungsrat des JMB, sehr geehrter Herr Aly, müssten Sie sich noch daran erinnern.
Die Empfehlung der Gedenktafelkommission, den Platz nach der Jüdin und Präsidentin der Liga für Menschenrechte Alisa Fuss zu benennen, wurde auf Wunsch des JMB von der BVV nicht weiter verfolgt. Ebenso wurde der Vorschlag Regina Jonas, die weltweit erste Rabbinerin, wieder ad acta gelegt. Auch dieser Bitte ist die BVV selbstverständlich gefolgt und hat die Beschlussempfehlung, den Platz entweder nach Mendelssohn oder nach Jonas zu benennen – das Ergebnis des Werkstattgesprächs unter Beteiligung des JMB – zur Diskussion zurück in die Ausschüsse überwiesen. Dort wurde nun im März von der stellvertretenden Direktorin des JMB der Vorschlag Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz gemacht.
Im Ergebnis standen in der Sitzung des Bezirksparlaments im April drei Vorschläge zur Abstimmung: die vom Ausschuss für Kultur und Bildung eingebrachte Beschlussempfehlung für eine Benennung nach Fromet und Moses Mendelssohn, ein Änderungsantrag der CDU für Moses Mendelssohn sowie ein Änderungsantrag der Grünen für Rahel Levin-Varnhagen. Beiden Änderungsanträgen ist die BVV nicht gefolgt und hat – wie schon erwähnt – am Ende einstimmig für Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz votiert.
Sehr geehrter Herr Aly, als Mitglied der grünen Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg muss ich damit leben, dass Sie die Grünen als „politische Blockwartinnen“ und „Halbstalinisten“ bezeichnen, auch wenn ich mir von einem Historiker eine differenziertere Betrachtung wünschen würde.
Als Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg kann ich dagegen keinesfalls hinnehmen, dass Sie, möglicherweise infolge Ihres Zorns gegen die Grünen, damit in einem Atemzug die Entscheidung eines demokratischen Parlaments insgesamt denunzieren.
Die Bezirksverordneten sind die von den Bürgerinnen und Bürgern in Friedrichshain-Kreuzberg demokratisch gewählte Volksvertretung, und sie haben sich nach einer einjährigen und durchaus kontroversen Debatte schließlich einstimmig für den Namen Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz entschieden. Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Aly, das zu respektieren.
Abschließend gestatten Sie mir noch eine persönliche Frage: Den Platz nach dem jüdischen Aufklärer und Philosoph Moses Mendelssohn zu benennen, ist ohne jeden Zweifel eine sehr gute Wahl, wie Sie in Ihren Artikeln auch intensiv dargelegt haben. Was also ist es genau, weshalb Ihrer Meinung nach seine geliebte Ehefrau Fromet (geb. Gugenheim), die seine erste Ansprechpartnerin auch in literarischen und philosophischen Fragen war, den Platznamen plötzlich zu einem „Wortungetüm“ macht?
Fast 70 Briefe blieben erhalten, die von der zärtlichen Zuneigung zwischen Moses und Fromet Mendelssohn sprechen. Und vielleicht wäre niemand glücklicher gewesen als der große, bescheidene Philosoph der jüdisch-deutschen Aufklärung selbst, dass er gemeinsam mit seiner Frau Fromet nun den Platz vor der Jüdischen Akademie ehrt?
Mit freundlichen Grüßen
Kristine Jaath, Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg und Mitglied der Grünen Fraktion
Sehr geehrter Herr Aly,
mit Interesse haben wir Ihre Kommentierungen zur Bennenung des Vorplatzes der jüdischen Akademie verfolgt. Nachdem Sie dem Thema nun schon die vierte Kolumne widmen, möchten wir kurz unsere Sicht der Dinge schildern.
Die in der monatelangen Debatte diskutierten Namen waren