15.05.2013, 15:25
Ostwind – Quotiert
gastkommentar von Hans Eggert
Die Bundeskanzlerin ist nicht begeistert, einige ihrer Parteifreunde zeigen sich verstört, selbst aufgeschlossene Zeitgenossinnen und -genossen fragen nach den Folgen - von sogenannten Frauenquoten, sei es nun in Unternehmens-Aufsichtsräten oder in der Politik.
Eine Folge solcher Quotierung ist jetzt in der gemeinhin auf uns sächsische Provinzler mitleidig herabschauenden Bundeshauptstadt zu besichtigen. Der Stiftungsrat des Jüdischen Museums hatte darum gebeten, den Platz vor dem Museum nach dem Philosophen Moses Mendelssohn zu benennen. Immerhin war er einer der wenigen großen Denker, die das alte Berlin hervorgebracht hat, ein Vorkämpfer jüdisch-deutscher Aufklärung dazu und ein Freund des Sachsen Gotthold Ephraim Lessing, der in ihm das Vorbild für den "Nathan" fand.
Kein Problem also - zumal, merkwürdig genug, bislang im Berliner Straßenverzeichnis kein Moses Mendelssohn auftaucht. Doch so einfach ist es nicht, jedenfalls nicht im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: Weil es dort von 147 nach Personen benannten Straßen und Plätzen nur zwölf mit Namens-Patroninnen gibt, setzte die Grünen-Mehrheit im Bezirksparlament schon vor einigen Jahren durch, keinen Mann mehr auf ein Straßenschild zu heben, ehe nicht die 50:50-Quote erreicht ist.
Folgerichtig wogte in den vergangenen Wochen eine heftige ideologische Schlacht um den "Moses-Mendelssohn-Platz". Da sich darüber aber Tausende Berliner aufregten und zudem internationale Medien in der Rest-Welt ironische Kommentare über die Berliner Provinz-Posse verbreiteten, ward ein Kompromiss gesucht - und gefunden: Es bleibt bei Mendelssohn, allerdings in erweiterter Form: Auf dem Straßenschild soll auch die Gattin des Philosophen auftauchen, der Platz also "Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz" heißen.
Hoch lebe die Quote. Dem Gatten in seiner großen Weisheit darf's egal sein.