06.11.2013, 00:27
Aber kann ein Kind gegen den Willen der Eltern verpflichtet werden, keine Förderschule zu besuchen?
„Ein Wahlrecht ohne Wahlmöglichkeit ist kein Wahlrecht“, findet Stefanie Harms, die Mutter von Erik.
Inklusion will die „gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe aller Menschen mit Beeinträchtigungen am gesellschaftlichen Leben“, erklärt der Referent in Wilhelmshaven weiter.
Aber bedeutet es Exklusion, wenn Herr Möhle sagt: „Wir können hier den Kindern das nehmen, was sie in der Teilhabe beeinträchtigt“?
Nur ein Sparmodell?
In dem kleinen Raum neben Klasse 1s2 sitzt jetzt Omar, 6 Jahre alt. Omar kann keine Präpositionen sprechen, keine Verhältniswörter. Herr Möhle spielt mit ihm ein Dinosaurierspiel. Omars Saurier, ein Tyrannosaurus, versteckt sich immer. „In dem See“, sagt Omar. „Unter dem Blatt.“ „Neben dem Zaun.“
Eine Sprecherin des Kultusministeriums erklärt: „Ziel der inklusiven Schule ist es, das gemeinsame Leben und Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne besonderen Unterstützungsbedarf als gesellschaftliche Normalform zu etablieren.“
Die Mutter von Max, Bianca Meyer, sagt: „Wenn, wie vorgesehen, ein Förderschullehrer zwei Stunden wöchentlich eine Klasse mit 24 Kindern betreuen soll, dann kann das Inklusionskind davon nicht so profitieren wie bei einer gezielten Förderung.“
Stefanie Harms, die Mutter von Erik, befürchtet, dass hinter der inklusiven Schule ein „Sparmodell“ steckt.
„Die inklusive Schule wird in Niedersachsen nicht eingeführt, um dadurch Geld zu sparen“, heißt es dazu im Kultusministerium. Zwar hält die Sprecherin eine „Aufrechnung, ob Geld eingespart werden könnte durch die Überführung von Förderschulen“, nicht für „zielführend“. Fakt sei aber: Ressourcen würden nicht eingespart, sondern „umgesteuert“.
Petition im Internet
In Neerstedt, einmal die Hauptstraße entlang, dann links abbiegen zum Sportplatz, haben die Mütter unter Federführung von Bianca Meyer trotzdem eine Online-Petition „Erhaltet die Förderschulen Sprache“ gestartet. 3579 Sprachförderschüler gibt es in Niedersachsen und 693 Lehrer. Bis Montagabend hatten 29 847 Menschen die Petition unterschrieben.
Wer sprachlos bleibt, macht einen schlechten Schulabschluss, befürchten diese Menschen. Findet keinen Job. Rutscht in Hartz IV. „Ist das gesellschaftliche Teilhabe?“, fragt Stefanie Harms.
„Wir selber sind von einer Schließung der Sprachheilschulen nicht mehr betroffen“, sagt Claudia Wessel, die Mutter von Emil. „Aber wir wissen, wie weit unsere Kinder hier gekommen sind.“
Ihr Emil ist vermutlich das einzige Kind im Landkreis Oldenburg, das „Schöne Scheiße“ sagen darf und dafür auch noch gelobt wird. Aber nicht mehr lange. Immer häufiger sagt seine Mutter zu ihm: Schluss jetzt mit den schlimmen Schimpfwörtern! Und immer häufiger kann Emil auch diesen schwierigen Satz unfallfrei wiederholen. So wie die anderen Kinder auch.
der ganze Artikel mit Fotos hier:
www.nwzonline.de/schule/wenn-politik-sprachlos-macht_a_9,4,1596331993.html