08.06.2017, 13:01
Frank Spadlo
Eisenbahnrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 10.05.2012 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Eingabe wird gefordert, für Lok- und Triebfahrzeugführer Fahr-/Lenkzeiten
sowie Kontrollsysteme,
im
für Berufskraftfahrer
denen
vergleichbar mit
Schwertransport, einzuführen.
Die Petition wurde auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht.
Dazu liegen 237 Mitzeichnungen sowie 34 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um
Verständnis gebeten, dass nicht auf alle Aspekte gesondert eingegangen werden
kann.
Zur Begründung wird in der Petition ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar, dass
nur LKW - und Busfahrer über Fahrzeitenmesser überwacht würden. Lenk- und
Pausenzeiten sollte es genauso gut für Fahrer von Eisenbahnen und Lokomotiven
geben. Schließlich würden tagtäglich Tonnen an wichtigen und auch sehr
gefährlichen Gütern sowie zahlreiche Personen durch Deutschland befördert. Es sei
unverantwortlich, dass durch Schichtarbeit und andere Einflüsse die oft übermüdeten
Fahrer gezwungen würden, ihre Fahrzeuge zu lenken. Die ökonomischen Aspekte
würden hier höher gewertet als die Sicherheit der beförderten Personen und des
Fahrpersonals. Es diene der Vorbeugung schwerer Unfälle, wenn entsprechend
strenge Regelungen auch für die Lok- und Triebfahrzeugführer eingeführt würden.
Der Petitionsausschuss kommt unter Einbeziehung einer zu der Petition eingeholten
Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(BMVBS) zu dem folgenden Ergebnis seiner parlamentarischen Prüfung:
In Deutschland sind die Eisenbahnen (Eisenbahninfrastrukturunternehmen und
Eisenbahnverkehrsunternehmen) gemäß § 4 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz
verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und die Eisenbahninfrastruktur, Fahrzeuge
und Zubehör sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten. Diese mit
der Bahn-Strukturreform im Dezember 1993 gesetzlich normierte Eigenverantwortung
der Eisenbahnunternehmen berücksichtigt die spezielle technische Komplexität des
Systems Eisenbahn
und schließt
insoweit einen Vergleich mit anderen
Verkehrsträgern aus. Diese Betreiberverantwortung der Eisenbahnunternehmen ist
auch im europäischen Recht verankert.
Die Eisenbahnaufsichtsbehörden prüfen im Rahmen ihrer Tätigkeiten u. a., ob die
Eisenbahnunternehmen der Verpflichtung,
ihren Betrieb sicher zu führen,
nachkommen. Hierzu zählt auch die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften. Für
die Eisenbahnen des Bundes, für nichtbundeseigene Eisenbahnen ohne Sitz im Inland
und für nichtbundeseigene Eisenbahnen, die einer Sicherheitsbescheinigung bzw.
Sicherheitsgenehmigung
die
(alle Eisenbahnverkehrsunternehmen,
bedürfen
Personen oder Güter befördern, außer nur im Inland verkehrenden Regionalbahnen)
ist das Eisenbahn-Bundesamt die zuständige Aufsichtsbehörde. Für die sonstigen
nichtbundeseigenen Eisenbahnen, die Regionalbahnen also, führen die Länder die
Aufsicht durch.
Erhält die jeweils
zuständige Eisenbahnaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer
stichprobenartigen Überprüfungen oder im Rahmen der Unfalluntersuchung durch die
Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes
(EBU) Kenntnis über eine
unzureichende Wahrnehmung der Betreiberverantwortung durch die Unternehmen,
schreitet sie verwaltungsrechtlich ein.
Damit die Eisenbahnen in Deutschland ihrer gesetzlichen Verpflichtung entsprechen
können, müssen sie ein Sicherheitsmanagement nachweisen bzw. besonders
sind Betriebsleiter,
qualifiziertes Personal
das
für
die
vorhalten. Dies
Sicherheitsmanagement und damit auch für das
sichere Erbringen von
sind. Hierzu
Eisenbahnverkehrsleistungen
die
u. a.
zählt
verantwortlich
unter
Überwachung
der
Diensteinteilung
des
Betriebspersonals
sicherheitstechn ischen Aspekten. Sie gen ießen gegenüber der Geschäftsführung
besondere gesetzlich verankerte Rechte zur Wahrung der Sicherheitsbelange in
Abwägung zu geschäftlichen Interessen (Eisenbahnbetriebsleiterverordnung).
Ihre
Zulassung erhalten sie nach besonderer staatlicher Prüfung (Eisenbahnbetriebsleiter-
Prüfungsverordnung). Die Bestellung zum Betriebsleiter bedarf der Bestätigung durch
die zuständige Aufsichtsbehörde. Sie kann gemäß § 49 Verwaltungsverfahrensgesetz
widerrufen werden, wenn öffentliches Interesse gefährdet ist.
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist die Rechtsgrundlage für die Sicherheit und den
Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung. Zweck des ArbZG
ist es zudem, die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern sowie
den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der
seelischen Erhebung der Arbeitnehmer zu schützen. Insofern setzt das ArbZG die
Rahmenbedingungen für die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer in Deutschland und ist
sowohl
für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich. Ergänzende Regelungen
können durch die Tarifvertragsparteien der jeweiligen Unternehmen im Rahmen der
Tarifverhandlungen ausgehandelt werden. Für das
fahrende Personal der
Eisenbahnen, das im interoperablen grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt wird,
ist zudem die Verordnung über die Einsatzbedingungen des fahrenden Personals im
interoperablen grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr maßgebend.
In dieser
Verordnung sind u. a. Regelungen zu Ruhezeiten, Pausenzeiten und Fahrzeiten
normiert.
Ein Triebfahrzeugführer darf ein Triebfahrzeug nur entsprechend der vom jeweiligen
Betriebsleiter
individuell ausgestellten Berechtigung führen.
Im Übrigen ist den
Triebfahrzeugführern der genaue Arbeitsbeginn und Ort, eventuelle Pausenzeiten
sowie das Ende ihres Einsatzes anhand von Dienstschichten vorzugeben. Zudem
sind Eisenbahnunternehmen bzw. Betriebsleiter auch dafür verantwortlich, dass die
Triebfahrzeugführer hinsichtlich ihrer Tauglichkeit regelmäßig ärztlich untersucht
werden. Für
die
regelmäßige
fahrdienstliche Fortbildung
sowie
für
die
vorgeschriebenen Kontrollen im Rahmen von Begleitfahrten bzw. für das Training im
Fahrsimulator
liegt
die
Verantwortung
ebenfalls
beim
jeweiligen
Eisenbahnunternehmen bzw. seinem Betriebsleiter. Schließlich obliegt es dem
Betriebsleiter auch, unter bestimmten Umständen einem Triebfahrzeugführer die
Fahrerlaubnis zu entziehen.
Züge sind im Falle der Handlungsunfähigkeit eines Triebfahrzeugführers dreifach
abgesichert: Sie sind spurgeführt,
signalgeschützt und werden durch die
Sicherheitsfahrschaltung (Sifa oder umgangssprachlich Totmannknopf) technisch
überwacht. Betätigt der Triebfahrzeugführers die Sifa nicht, leuchtet ein Warnlicht
auf, dann ertönt ein Warnsignal und schließlich erfolgt eine Zugbremsung.
Dem Bund ist die Einhaltung der vorgenannten Vorschriften zum einen aus
Gründen
der Sicherheit,
aber
auch
aus
sozialen Gründen
für
die
Triebfahrzeugführer aller Eisenbahnunternehmen eminent wichtig. Deshalb werden
Hinweise in Bezug auf mögliche Arbeitszeitverstöße von Triebfahrzeugführern zum
Anlass
hinausgehende
Ermessen
pflichtgemäße
das
über
genommen,
Überwachungen der Organ isationse inhe iten von E isenbahnunternehmen m it
Planungs-, Steuerungs- und Überwachungsaufgaben im Hinblick auf die
Betriebssicherheit durch die zuständige Eisenbahnaufsichtsbehörde durchführen zu
lassen.
Grundsätzlich käme eine Regelung der Lenk- und Ruhezeiten für Triebwagenführer
aus Sicht des Petitionsausschusses im Hinblick auf den zunehmend interoperablen,
grenzüberschreitenden Verkehr nur auf europäischer Ebene in Betracht. Zum
gegenwärtigen Zeitpunkt besteht aus seiner Sicht allerdings kein Handlungsbedarf.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen empfiehlt der Petitionsausschuss, das
Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Der von den Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung - dem BMVBS - als Material zu überweisen,
wurde mehrheitlich abgelehnt.