Soziales

Für die Wiederherstellung einer sozialpädagogisch und ethisch orientierten Jugendhilfe

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Frau M. Schwesig, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
1.194 Unterstützende 1.176 in Deutschland

Bearbeitungsfrist abgelaufen

1.194 Unterstützende 1.176 in Deutschland

Bearbeitungsfrist abgelaufen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

21.04.2016, 18:59

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Liebe Unterzeichner*innen
der Petition „Memorandum Kinder- und Jugendhilfe -
für die Wiederherstellung einer sozialpädagogisch und ethisch orientierten Jugendhilfe“ des Bündnisses Kinder- und Jugendhilfe für Professionalität und Parteilichkeit

Zuerst möchten wir Euch allen ganz herzlich danken, dass Ihr die Petition unterschrieben habt. Über die vielen, sehr interessanten und aufschlussreichen Kommentare haben wir uns sehr gefreut.
Wir danken ebenso allen, die durch die Weiterverbreitung des Aufrufes auf die Petition aufmerksam gemacht haben.
Danken möchten wir auch für die Anregungen zu inhaltlichen wie technischen Fragen unseres Aufrufes.
Es war höchste Zeit! Denn ein Entwurf zu einem neuen Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz ist für Mai 2016 angekündigt!

Zum Ergebnis
Nach der Laufzeit von 6 Monaten wurde der Aufruf von 1.194 Petent*innen unterschrieben, darunter viele Kolleg*innen aus der unmittelbaren Praxis der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch viele Lehrende und Studierende, teils auch Politiker*innen.
• 18 Unterschriften kamen aus dem deutschsprachigen Ausland.
• Auf die Bundesländer verteilen sich die Unterschriften recht unterschiedlich. Deutliche Schwerpunkte lagen in NRW mit 203 Unterschriften, Berlin mit 182 Unterschriften und Niedersachsen mit 156 Unterschriften.
• Von den 1.194 Unterschriften wurden 20% anonym abgegeben.
• 52 der Unterzeichner*innen sind Wissenschaftler*innen.
• Die große Anzahl von 143 Kommentaren zeigt, dass viele der Unterzeichner*innen mit den Inhalten der Petition auch ihr eigenes Anliegen vertreten sehen.

Die Kommentare zeichnen ein deutliches Bild vom desolaten Zustand der Kinder- und Jugendhilfe, der zusehends dem SGB VIII widerspricht. Wobei man davon ausgehen muss, dass die Kommentator*innen nicht etwa alle ihre Kritikpunkte genannt haben, sondern jeweils die Punkte aufgegriffen haben, die ihnen besonders wichtig waren.
Folgende Aussagen möchten wir an dieser Stelle zusammenfassend hervorheben:
Die Kommentierenden
• berichten von eigener Betroffenheit als MitarbeiterIn oder auch als KlientIn und bestätigt anhand eigener Erfahrungen die im Memorandum aufgezeigten Schieflagen.
Beispiel:
„Während meiner ca. 20 jährigen Tätigkeit im Allgemeinen Sozialen Dienst (1993 bis 2013) konnte ich die Entwicklung, die in dem Memorandum beschrieben und kritisiert wird, deutlich miterleben.“

• stellen sich explizit in allen Punkten hinter die Aussagen und die Forderungen der Petition. Hier werden keine einzelnen Aspekte herausgehoben.
Beispiel:
„Ich war über 30 Jahre in der deutschen Kinder- und Jugendhilfe tätig und verfolge die Entwicklungen schon lange mit Sorge. Um diese Entwicklung möglichst zu stoppen unterschreibe ich diese Petition.“

• fordern die Politik auf, den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unserer Gesellschaft mehr Wert und Bedeutung beizumessen und die Kinder- und Jugendhilfe ausreichend, d.h. entsprechend der vorliegenden Bedarfe finanziell auszustatten, statt finanzielle Gesichtspunkte über die Interessen der kommenden Generation zu stellen. Gefordert wird eine Kinder- und Jugendhilfe, die sich an der Würde und dem Wohl der betroffenen Minderjährigen orientiert und nicht an ihrer potentiellen Nutzbarkeit oder an der Kassenlage der Kommunen.
Beispiel:
„Die Fortschreitende Vernichtung der freien Entfaltung im Kinder- und Jugendalter ist das Instrument, freies Entwickeln und Entscheiden zu behindern. Doch ein als frei geltendes Land braucht freie Menschen und die gibt es nicht zu kaufen oder durch Zufall. Deswegen bin ich hier Unterstützer im Streit gegen die Zerstörer von Kindheit und den Grundlagen demokratischer Willensbildung.“

• bewerten die heutige Sparstrategie als verantwortungslos.
Zum einen wird immer wieder beschrieben, dass Kürzungen und die Vorbereitung weiterer Einsparmöglichkeiten eine kontinuierliche, fachlich qualifizierte Arbeit ver- oder behindern. Dabei gehen viele der Kommentator*innen auf die Praxis der Projektförderung ein, die zu Ungunsten der sozialpädagogischen Regelarbeit massiv gefördert, dann aber abgebrochen und als „Jugendhilferuine“ stehen gelassen wird.
Beispiel:
„Weil seit Jahren die strukturelle Jugendarbeit immer weiter eingeschränkt wird zugunsten kurzlebiger und plakativer 'Projekte', während die Bedarfe sich erhöhen aufgrund von neoliberaler Politik der letzten Dekaden. Die Reichtums-Armutsschere weitet sich deutlich und immer mehr Kinder und Jugendliche leben in Armut mit wenig Perspektiven in diesem reichen Land! Dies verletzt eklatant die Normen der sozialen Marktwirtschaft und gefährdet unsere Demokratie und Zukunftsfähigkeit.“

Zum anderen wird oft darauf aufmerksam gemacht, dass das Sparen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gesellschaftliche Problemlagen verschärfen wird (Kinderarmut z.B.) und mit den Chancen der gesellschaftlichen Zukunft spielt.
Beispiel:
„Ich verfolge entsetzt seit Jahren, wie unter dem Deckmäntelchen der Verbesserung und Vereinfachung (und damit der Effizienz und dadurch der Kostensenkung) diese aus meiner Sicht nicht nur unerlässlichen, sondern sowieso schon zu geringen Unterstützungsangebote abgesenkt bzw. geschleift werden. Aus meiner Sicht verdeckt das Deckmäntelchen, dass es ausschließlich um Einsparung geht, ohne Rücksicht auf Betroffene und ohne einen Blick auf die langfristig zu erwartenden Konsequenzen für unsere Gesellschaft.“

Von etlichen Kommentator*innen wird angemerkt, dass den angeblich knappen Kassen ein sehr großer gesellschaftlicher Reichtum gegenübersteht, der aber für die Lösung der Bedarfe der Kinder, Jugendlichen und Familien offenbar nicht herangezogen werden soll.
Beispiel:
„Um es - in Anspielung auf einen anderen Zusammenhang - mal ganz schlicht auszudrücken: Immer unzureichendere Unterstützung der darauf angewiesenen Kinder und Jugendlichen einerseits und weitgehende Verschonung riesiger Privatvermögen andererseits geht gar nicht! Derartige Zustände untergraben nicht nur die Effektivität sämtlicher Unterstützungsmaßnahmen, sondern auch die für eine lebenswerte Gesellschaft zentralen Werte wie Humanität und Solidarität.“

• heben die weitgehende Dekonstruktion der professionellen Arbeit hervor, die sich zum einen in der Herabsetzung von Qualität und Ausstattung von Hilfeleistungen zeigt. Angebote und Leistungen werden heruntergefahren und verwässert, „veroberflächlicht“ und ihrer Wirkmöglichkeiten beraubt. Es fehlt jede Kontinuität in der sozialpädagogischen Arbeit und die zur Verfügung gestellten Zeitkontingente sind fachlich gesehen nicht ausreichend.
Beklagt wird die Gängelei der Profession durch fachfremde Leitungen und deren Nichtachtung der Fachlichkeit der Profession.
Beispiel:
„Auch meine persönlichen Erfahrungen sind ein zunehmende Ökonomisierung in der Jugendhilfe. Ich beobachte mit großer Sorge, dass Mindestqualitätsstandarts immer wieder unterlaufen werden. Die Helfersysteme sind oft schlecht ausgebildet oder verfügen über einer geringe persönliche Eignung für die professionelle Jugendhilfe. Der Kostendruck auf die Jugendämter spiegelt sich dann oft in der Qualität der Sozialarbeit wieder. Unter "erfolgreicher" und ressourcenorientierter Sozialarbeit verstehe ich etwas anderes, als ich es aktuell oft erlebe. Gute und professionelle Arbeit hat auch ihren Preis. Dies gilt doch auch im privatwirtschaftlichen Bereich.“

• Beklagt wird, dass die Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe nur noch selten sozialpädagogischen Charakter haben. Sie können angesichts der betriebswirtschaftlichen Rahmung, des Zeitdrucks und des Personalmangels, der Überlastung der Mitarbeiter*innen und der ständigen Notwendigkeit, sich zu rechtfertigen, zu dokumentieren und den Kontrollbedürfnissen der Verwaltung nachzukommen oft nicht mehr sein, als eine Verwaltung und Steuerung der Klientel.
Von einigen der Kommentator*innen wird hervorgehoben, dass auch in der Kinder- und Jugendhilfe in den letzten Jahren die Tendenzen zu Druck und Sanktionen angestiegen sind.
Beispiele:
„Das Diktat ökonomischer Interessen führt zu Deprofessionalisierung, damit zu weniger und/oder schlechterer Hilfe für Kinder und Jugendliche. Die Kinder- und Jugendhilfe muss die Möglichkeit haben, auf alle spezifischen Aspekte eines jeden einzelnen Falles resp. Menschen einzugehen und genau die Zeit zu investieren, die erforderlich ist, um wirksame und nachhaltige Hilfe leisten zu können.“

„Mir ist diese Petition wichtig, weil ich in der Familien- u. Jugendhilfe immer wieder erlebe, dass nachhaltige Erfolge zuerst durch Beziehungsarbeit zustande kommen. Mit Case-Management und Sozialraumorientierung im Fokus oder an erster Stelle – sind Menschen in schwierigen psychosozialen Verhältnissen überhaupt nicht zu erreichen! Sie lassen sich nicht berechnen, nicht durch Zielvereinbarungen, Kontrolle oder Bewertungen auf den richtigen Weg bringen. Sie werden sich selbst nur verändern können und wollen, wenn sie darin unterstützt werden, mehr von sich selbst zu verstehen! Selbstverstehen und Selbstveränderung geschieht aber vor allem über die Beziehungsarbeit. … Es darf in der Familien-, Kinder- u. Jugendhilfe nicht so kurz gedacht werden, dass der billigste Träger zum Zug kommt.“

• Die Kommentator*innen stellen konkret fest, dass die Hilfen, die die Betroffenen erhalten, nicht mehr ausreichen, eine schlechte Qualität aufweisen und dass ihnen zum Teil sogar keine oder nicht die notwendige Hilfe gewährt wird. Dabei heben sie besonders hervor, dass die Kinder- und Jugendhilfe sich nicht gesetzkonform und fachlich angemessen mit der Tatsache auseinandersetzt, dass auch junge Erwachsene sehr wohl einen berechtigten Bedarf für Hilfen aufweisen können.
Beispiel:
„Kinder und Jugendliche, Eltern und Mitarbeitende dürfen nicht länger Opfer einer sogenannten Reformpolitik sein, die nichts anderes als sachwidrige Kürzungspolitik ist. Es darf nicht sein, dass Behörden Gesetze brechen und dann auch noch renitent gegen Urteile der Gerichtsbarkeit im Sinne der Betroffenen sind.“

• Sie sind in besonderem Maße erz


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