08.06.2017, 13:14
Wasilka Heim
Arzneimittelwesen
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2011 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Die Petentin wendet sich gegen das Verkaufsverbot von Heilpflanzen in der EU ab
1. April 2011.
Zur Begründung wird ausgeführt,
laut europäischer Richtlinie zur Verwendung
traditioneller und pflanzlicher medizinischer Produkte (THMPD) werde der Verkauf
und die Anwendung von Naturprodukten stark eingeschränkt. Es handele sich um
eine Richtlinie der EU zur Vereinheitlichung des Zulassungsverfahrens für
traditionelle Kräuterzubereitungen, die medizinisch eingesetzt würden. Damit würden
Naturprodukte zu medizinischen Produkten umdeklariert, die zugelassen werden
müssten.
In allen EU-Ländern werde es dann verboten sein, Heilkräuter oder
Pflanzen zu verkaufen, die keine Lizenz hätten. Naturstoffe, denen man eine
Heilwirkung zuschreibe, würden nicht mehr als Lebensmittel eingestuft, sondern als
Arznei.
Zu den Einzelheiten des Vortrags der Petentin wird auf die von ihr eingereichten
Unterlagen verwiesen. Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite
des Deutschen Bundestages eingestellt. Es gingen 121.819 Mitzeichnungen sowie
1.477 Diskussionsbeiträge
ein. Weiterhin
gingen
124.190
unterstützende
Unterschriften auf dem Postwege ein.
Zu diesem Anliegen liegen dem Petitionsausschuss 102 Mehrfachpetitionen vor, die
einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung zugeführt werden.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage zweier
Stellungnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wie folgt dar:
Der Petitionsausschuss stellt zunächst grundlegend fest, dass die in der Petition
angesprochene "Richtlinie 2004/24/EG des EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND
DES RATES vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur
Schaffung
eines Gemeinschaftskodexes
für Humanarzneimittel
hinsichtlich
traditioneller pflanzlicher Arzneimittel" bereits am 30. April 2004 in Kraft trat. Die
Richtlinie 2004/24/EG wurde durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des
Arzneimittelgesetzes vom 29. August 2005 in deutsches Recht umgesetzt.
Nach der Richtlinie 2001/83/EG müssen mit den Anträgen auf Genehmigung für das
Inverkehrbringen eines Arzneimittels Unterlagen vorgelegt werden, die insbesondere
die Ergebnisse physikalisch-chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Tests
sowie pharmakologischer und toxikologischer Tests und klinischer Prüfungen
enthalten,
die
am Produkt
durchgeführt wurden,
um dessen Qualität,
Unbedenklichkeit und W irksamkeit nachzuweisen.
In den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft wurde unbeschadet
dessen anerkannt, dass es schwierig ist, auf bestimmte Kategorien von Arzneimitteln
die herkömmlichen, statistischen Methoden bei klinischen Versuchen anzuwenden.
Daher wurde durch die Richtlinie 2001/83/EG ein besonderes vereinfachtes
Registrierungsverfahren für traditionelle homöopathische Arzneimittel eingeführt, die
ohne therapeutische Indikation und in einer Zubereitungsform und einer Dosierung,
die kein Risiko für den Patienten darstellen, in Verkehr gebracht werden.
Die Richtlinie
2004/24/EG sieht
ein weiteres
spezielles
vereinfachtes
Registrierungsverfahren für bestimmte traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die eine
lange Tradition haben und deren W irksamkeit aufgrund langjähriger Anwendung und
Erfahrung plausibel sind, vor. Das Vorhandensein von Vitaminen oder Mineralstoffen
in dem pflanzlichen Arzneimittel steht einer vereinfachten Registrierung nicht
entgegen, sofern deren Unbedenklichkeit ausreichend nachgewiesen wurde und die
W irkung der Vitamine oder Mineralstoffe im Hinblick auf das spezifizierte
Anwendungsgebiet bzw. die spezifizierten Anwendungsgebiete die W irkung der
pflanzlichen W irkstoffe ergänzt (Artikel 16 a Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG).
Für traditionelle pflanzliche Arzneimittel mit langer Tradition und deren W irksamkeit
aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel sind, sieht das
Arzneimittelgesetz für die bereits in Deutschland im Verkehr befindlichen Arzneimittel
eine siebenjährige Übergangsfrist bis April 2011 vor. Nach § 141 Abs. 14
Arzneimittelgesetz
(AMG) mussten pharmazeutische Unternehmer, die ein
traditionelles pflanzliches Arzneimittel in den Verkehr gebracht haben, das nicht nach
den geänderten EU-rechtlichen Vorgaben zugelassen oder registriert worden ist, bis
zum 1. Januar 2009 einen entsprechenden Antrag auf Zulassung oder Registrierung
stellen, um in den Genuss der Übergangsfrist zu kommen (vgl. auch Artikel 2 Abs. 2
Richtlinie 2004/24/EG).
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass die Richtlinie 2004/24/EG keinerlei
Veränderung der Bestimmungen für Arzneimittel, die W irkstoffe nicht pflanzlichen
Ursprungs (z.B. chemische Stoffe) enthalten, beinhaltet. Die Richtlinie entfaltete auch
keine Auswirkungen auf die Definition der in der Richtlinie 2001/83/EG erfassten
Arzneimittel noch auf die Beziehung zwischen dem Begriff des Arzneimittels und des
Nahrungsergänzungsmittels. Daher werden pflanzliche Erzeugnisse, die keine
Arzneimittel sind und die die Kriterien des Lebensmittelrechts erfüllen, unabhängig
davon, ob sie Vitamine und Mineralstoffe enthalten, in der Gemeinschaft weiterhin
unter das Lebensmittelrecht und insbesondere unter die Bestimmungen der Richtlinie
2002/46/EG über Nahrungsergänzungsmittel fallen. Die Richtlinie hat danach auch
für die Bundesrepublik Deutschland keine Auswirkungen auf die Einstufung eines
Produktes als Arznei- oder Lebensmittel. So wird es auch in Zukunft möglich sein,
Naturprodukte und Pflanzen, die keine Arzneimittel sind und die die Kriterien des
Lebensmittelrechts erfüllen,
in der EU in den Verkehr zu bringen. Der
Petitionsausschuss weist im Übrigen auf den Beschluss des Petitionsausschusses
des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2006 zur Petition 0884/2005, der
anliegend beigefügt ist, hin.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten und in Übereinstimmung mit dem Beschluss
des
Petitionsausschusses
des
Europäischen
Parlaments
empfiehlt
der
Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen
mangels eines Verkaufsverbotes von Heilpflanzen in der EU ab dem 1. April 2011
entsprochen worden ist.