Leserbrief
http://666kb.com/i/cdhwknp6ct4uwz5s6.gif Motivierte Chefarztbewerber waren durchaus vorhanden Deutliche Worte findet der langjährige Chefarzt der Kinderabteilung am Krankenhaus Cuxhaven, Dr. Reinhard Seidler, zum "Ärzte-Exodus" und der im Raum stehenden Schließung: 1. "Ausgezeichnet für Kinder" war eine Art Qualitätssiegel, das 2010 erstmals bundesweit und auch an die Kinderklinik Cuxhaven verliehen wurde. Dies beinhaltete eine personelle Mindest-Ausstattung (unter anderem an Fachärztinnen und an Kinderkrankenschwestern) und Fachabteilungsstruktur, eine 24-Stunden-Präsenz und Mitaufnahme von Eltern. Dies alles wurde unterstützt durch die Chefärzte der anderen Fachkliniken und auch durch die Geschäftsführung. Versorgung ausgedünnt 2. Dass Ökonomie und medizinischer Sachverstand in Krankenhäusern miteinander ringen, ist sattsam bekannt und logische Konsequenz, wenn die Krankenhaus-Regie an eine private Träger-AG übergeben wird. Diese ist nun einmal gewinnorientiert. Die kinder- und elterngerechte Pflege durch spezifisch ausgebildete Kinderkrankenschwestern wurde in der Folge ausgedünnt, die Vorhaltung eventuell leerer Kinderbetten wurde zunehmend ersetzt durch deren Belegung mit Erwachsenen (Motto: "Nur belegte Betten bringen Einnahmen.") Nicht rechtzeitig geregelt 3. Den Spagat zwischen medizinisch-qualifizierter Versorgung und ökonomischen Rahmenbedingungen haben Chefärzte, wenn möglich, zu überbrücken. Und deshalb sehe ich es als großes Versäumnis, die Chefarztnachfolge nicht zeitgerecht zu regeln. Deren Notwendigkeit in der Kinderklinik für Mitte 2012 war spätestens seit Anfang 2011 (zwei Jahre bis heute) bekannt! Ohne Chefarzt standen der Kinderklinik 2012 immer noch vier qualifizierte Fachärztinnen (drei Pädiatrie, eine Allgemeinmedizin) zur Verfügung für qualifizierte medizinische Versorgung in der Kinderklinik. Fachärztinnen gaben auf Und für Cuxhaven motivierte Chefarztbewerber waren Anfang 2012 durchaus vorhanden ... Die zunehmende Perspektivlosigkeit der Kinderklinik ließ leider eine Fachärztin nach der anderen resignieren und neue berufliche Wege suchen. 4. Dem Krankenhaus Cuxhaven kann ich nur wünschen, dass sich ein motivierte Chefärztin oder ein motivierter Chefarzt findet, der oder die neue Wege der stationären Versorgung von kranken Kindern in Cuxhaven kreiert. Der oben genannte Qualitätsstandard ist zunächst einmal passé durch den ärztlichen Exodus. Vorrangig sind meines Erachtens die Akutversorgung von stationär behandlungsbedürftigen Kindern, zumindest vor einem eventuellen Weitertransport. Weiterhin natürlich die pädiatrische Präsenz bei Risikogeburten. Über 2000 Notfälle Und nicht zu vergessen die über 2000 ambulanten Notfälle nachts und an Wochenend- und Feiertagen (dies war sozusagen eine freiwillige Leistung des Krankenhauses, das den ärztlichen Bereitschaftsdienst bezahlt, ohne adäquate Vergütung durch die Kassenärztliche Vereinigung), in der Saison häufig Kinder von Touristen. Die Überlassung stationärer medizinischer Kinderversorgung an die Marktwirtschaft und die jetzige Entwicklung in Cuxhaven sollte Warnung sein, eventuell andere Bereiche von Kinderbetreuung zu privatisieren. Hier handelt es sich meines Erachtens um staatliche Pflichten! Eine "alte" Stadt (zu der auch ich gehöre) kann damit keine "junge" Zukunft gewinnen. Dr. Reinhard Seidler
Quelle: Cuxhavener Nachrichten