357 Unterschriften
Petition richtet sich an: Bayerischer Landtag
Durch das Engagement und die Stimmen der Betroffenen wurde seit 2010 eine gesellschaftliche Debatte losgetreten, die weit über den Einflussbereich und die Institution der Kirchen hinausgeht. Die laufende Veröffentlichung von Gutachten hält diese Debatte in der Öffentlichkeit. Denn Missbrauch und sexualisierte Gewalt finden überall dort statt, wo es Machtgefälle gibt, wo es Menschen gibt, die dieses Machtgefälle ausnutzen und wo es Menschen und Strukturen gibt, die wegschauen und vertuschen.
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen in solchen Situationen, die unverhandelbare gesellschaftliche und staatliche Verpflichtung, alle Formen erlittener Gewalt als Unrecht zu benennen, umfassend aufzuarbeiten und die strafrechtliche Aufklärung ebenso wie die Verfolgung der Täterinnen und Täter, sind unerlässlich.
Um Kinder und Jugendliche bestmöglich vor jeder Form von Gewalt zu schützen und den Betroffenen von gestern, heute und morgen entschlossen zur Seite zu stehen, ist die umfassende Aufarbeitung und Aufklärung erlittenen Unrechts und die Schaffung eines funktionierenden Hilfesystems zwingend geboten.
Der Freistaat Bayern hat mit dem in der Verfassung festgeschriebenen Wächteramt bzw. seiner daraus folgenden Schutzpflicht die Verantwortung, den Auftrag und auch die Möglichkeiten, umfassende Schutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen, die wirksam sind und allen Formen von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Institutionen vorbeugen.
Begründung
Gemeinsame Ziele und Kernforderungen für gelungene Aufarbeitung und Aufklärung von Gewalt in Institutionen in Bayern
Um Gewalt in Institutionen in Bayern aufzuarbeiten und aufzuklären, müssen folgende Kernforderungen umgesetzt werden:
1. Unabhängige Bayerische Aufarbeitungskommission (UBayA):
- Besetzung mit Betroffenen und Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen (Rechtswissenschaft, Pädagogik, Psychologie, Soziologie, Medizin).
- Formulierung von Standards für die Aufarbeitung in den einzelnen Bereichen.
- Beauftragung, Strukturierung, Anleitung und Evaluierung von Aufarbeitungsprozessen.
- Klares Mandat und Rechtssicherheit (z.B. Akteneinsicht, Zeugenbefragung).
- Regelmäßige Berichterstattung an den Landtag.
2. Landesbeauftragte*r gegen Gewalt in Institutionen:
- Unabhängiger Ansprechpartnerin, Informationsstelle und Bündelung aller bayerischen Aktivitäten zu Aufarbeitung, Aufklärung und Prävention.
- Kontinuierliche und umfassende Datenerhebung.
- Ernennung durch den Bayerischen Landtag auf Vorschlag des Landesweiten Betroffenenrates.
3. Landesweiter Betroffenenrat:
- Einbindung von Betroffenen aus allen gesellschaftlichen Bereichen.
- Eigenständige Positionierungen und Begleitung der Aufgaben der/des Landesbeauftragten und der UBayA.
- Angemessene Aufwandsentschädigung und Unterstützung bei der administrativen Arbeit.
4. Unabhängige Anlauf-/Beratungs-/Ombudsstelle für Betroffene:
- Flächendeckende, fachlich qualifizierte Beratungs- und Unterstützungsangebote für Betroffene, insbesondere für erwachsene Betroffene mit zurückliegenden Gewalterfahrungen.
5. Weitere Maßnahmen:
- Stiftung/Fonds zur Finanzierung der Aufarbeitung und Unterstützung von Betroffenen.
- Landesweite Forschungsstelle zur wissenschaftlichen Begleitung des Aufarbeitungsprozesses.
- Vielfältige Erinnerungskultur und Bildungsarbeit.
- Archivgesetz (Recht auf Akteneinsicht, Regelung der Archivierung, zentrale Archivstelle).
Zusätzliche Ziele:
- Stärkung der individuellen Rechte von Betroffenen (z.B. Akteneinsicht, Rechtsberatung, Anerkennungs- und Entschädigungsleistungen).
- Wissenschaftliche Begleitung des Aufarbeitungsprozesses.
- Fonds/Stiftung für Entschädigungsleistungen.
- Einbeziehung erwachsener Opfer institutioneller Gewalt in alle Strukturen.
Bayerisches Aufarbeitungsgesetz:
Zur klaren Regelung von Kompetenzen, Zuständigkeiten und Aufgaben der genannten Maßnahmen und Stellen wird ein eigenes Bayerisches Aufarbeitungsgesetz gefordert, um Rechtssicherheit zu schaffen, die Rechte der Betroffenen zu stärken und ein gutes Ineinandergreifen der einzelnen Stellen zu gewährleisten.
Unterstützer:
Richard Kick, Dr. Robert Köhler, Ignaz Raab, Prof. Dr. Susanne Nothhafft, Prof. Dr. Annette Eberle, Prof. Dr. Heiner Keupp, Dr. Martin Pusch.
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Petition gestartet:
13.11.2024
Petition endet:
12.05.2025
Region:
Bayern
Kategorie:
Soziales
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Warum Menschen unterschreiben
Warum ich die Petition zur Aufarbeitung der Heimerziehung unterstütze
In der katholischen integrierten Gemeinde (KIG), in der wir aufwuchsen, erlebten wir schwerwiegenden Missbrauch: geistliche Gewalt, sexuellen und finanziellen Missbrauch, sowie gravierende Folgen wie Suizide, Arbeitsunfähigkeit, soziale Isolation und psychische Erkrankungen. Diese Erfahrungen zeigen deutlich, dass geschlossene Lebensgemeinschaften wie die KIG häufig intransparent agieren und ihre internen Kontrollmechanismen versagen.
Der Staat hat die verfassungsrechtliche Pflicht, die Menschenrechte zu schützen – auch in solchen Gemeinschaften. Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes verpflichtet ihn dazu, die Würde des Menschen unantastbar zu achten. Artikel 2 Absatz 2 GG garantiert das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, während Artikel 20 Absatz 3 GG den Staat bindet, Maßnahmen zum Schutz dieser Rechte zu ergreifen. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die UN-Kinderrechtskonvention unterstreichen diese Schutzpflicht ebenfalls.
Um Missbrauch und systemisches Versagen zu verhindern, dürfen keine Institutionen sich selbst kontrollieren – auch nicht die Kirche. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte belegen, dass interne Kontrollsysteme häufig nicht funktionieren und Täter geschützt werden. Daher ist der Staat verpflichtet, unabhängige und unparteiische Kontrollmechanismen einzurichten und deren Umsetzung sicherzustellen. Prävention, Aufarbeitung und Schutz müssen gesetzlich verankert und effektiv durchgesetzt werden.
Mit der Unterstützung dieser Petition fordere ich, dass der Staat seiner Schutzpflicht nachkommt, Missstände konsequent aufarbeitet und verhindert, dass solche Verbrechen in Zukunft geschehen können. Es geht nicht nur um Gerechtigkeit für die Betroffenen, sondern um den Schutz der Menschenrechte für alle.
MfG,
F. de La Valliere
Sicherheit von hochvulnerablen und schutzbefohlenen Personen sollte höchste Priorität haben. Falsches Verhalten von Menschen in Positionen, die ihre Rolle ausgenutzt haben muss benannt und das geschehene Unrecht anerkannt werden.
Weil Gewalt an Kindern und Jugendlichen feige ist.Sie sind schwächer als die Täter.
Das Thema Missbrauch/Gewalt durch Helfer in oder außerhalb von Institutionen an hilfsbedürftigen Menschen ist seit Jahrzehnten bekannt. Die Aufarbeitung, Anerkennung, Entschädigung hinkt, wie so oft in vergleichbaren Situationen, den Bedürnissen der Betroffenen zeitlich zu weit hinterher. Manche Betroffene versterben, bevor sie einen Ausgleich für das erlittene Unrecht erhalten, der das Unrecht selbst aber niemals ausgleichen kann.
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Weil Betroffene ein Recht auf unabhängige Aufarbeitung haben und nicht Bittsteller:innen sind. Von professioneller, unabhängiger Aufarbeitung würden nicht nur Betroffene, sondern auch die Organisationen profitieren.