21.07.2016, 04:22
Pet 4-18-07-310-025501Zivilverfahren
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Der Petent fordert, dass das Recht zur Sammelklage, wie zum Beispiel aus den USA
bekannt, ebenfalls Einzug ins deutsche Rechtssystem erhält und einer Gruppe von
eventuell Geschädigten so das Recht verleiht, das Risiko und die finanzielle Last auf
viele zu verteilen, wenn sich diese Gruppe auf einen gemeinsamen Sachverhalt einigt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass unrechtmäßige
Verhaltensweisen schnell dutzende oder gar tausende Bürger betreffen könnten.
Individualklagen gegen Großkonzerne oder große Organisationen würden meist nicht
geführt, da das Prozessrisiko für den Einzelnen nicht tragbar sei. Seien die
Auswirkungen im Einzelfall gering, werde der Rechtsweg wiederum aufgrund des
erforderlichen Aufwands nicht beschritten. Überdies entlaste es Gerichte und Richter,
wenn wegen desselben Sachverhalts nicht unzählige Klagen eingereicht und
individuell bearbeitet werden müssten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 183 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 12 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Gemäß § 60 der Zivilprozessordnung (ZPO) können mehrere Personen als
Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige oder
auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund
beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden
(„subjektive Klagehäufung“). Darüber hinaus können mehrere Ansprüche des Klägers
gegen denselben Beklagten, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen,
gemäß § 260 ZPO in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche
das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist („objektive
Klagehäufung“).
Mithin enthält die Zivilprozessordnung bereits Instrumente, die eine gebündelte
Behandlung gleich gelagerter Ansprüche ermöglichen. Auf dieser Grundlage wurden
in jüngerer Vergangenheit erfolgreiche „Sammelklagen“ unter anderem gegen
Banken, Energieversorger oder Versicherungsunternehmen – teilweise unter
Einbeziehung von Prozessfinanzierern – geführt. Insbesondere besteht die
Möglichkeit, Forderungen unbürokratisch an eine qualifizierte Einrichtung abzutreten,
die diese „sammelt“ und im Wege der objektiven Klagehäufung durch eine einzige
Klage gerichtlich geltend macht. Aufgrund der degressiven Staffelung der Gerichts-
und Rechtsanwaltsgebühren erzielen die Kläger – sowohl im Fall der subjektiven als
auch im Fall der objektiven Klagehäufung – bereits heute mitunter erhebliche
Kostenvorteile. Neben den beschriebenen Instrumenten des Prozessrechts bestehen
Kollektivklagemöglichkeiten für Verbände nach dem Unterlassungsklagegesetz sowie
dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, die in der Praxis ebenfalls mit Erfolg
genutzt werden.
Darüber hinaus erarbeitet die Bundesregierung konkrete Eckpunkte zur Einführung
einer verbraucherrechtlichen Musterfeststellungsklage. Gerichten und Parteien soll es
auf diesem Weg ermöglicht werden, sich auf die einmalige Klärung grundsätzlicher –
in vielen Fällen wiederkehrender – tatsächlicher oder rechtlicher Fragen zu
konzentrieren. Betroffene Verbraucher sollen sich – ohne selber Partei werden und ein
Kostenrisiko tragen zu müssen – kostenlos über ein Klageregister an das
Musterverfahren anschließen können, um insbesondere die Verjährung ihrer
Ansprüche zu vermeiden.
Die genannten Regelungen entsprechen dem Ziel der Forderung zumindest teilweise.
Für weitergehende Maßnahmen im Sinne der Übernahme von US-Regelungen sieht
der Ausschuss hingegen keine Veranlassung.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.
Begründung (PDF)