29.08.2017, 16:54
Pet 2-17-18-272-034758Umwelt und Gesundheit
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 03.09.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, die Zusammensetzung, Herkunft und medizinischen
Auswirkungen von mikroskopisch kleinen Kugeln zu untersuchen, die sich
großflächig verteilt in den Bodenproben zahlreicher deutscher Städte in der
Umgebung von Kernkraftwerken befinden.
Die Eingabe führt aus, dass in zahlreichen Bodenproben der Städte Geesthacht,
Hamm-Uentrop, Hanau-Wolfgang und Jülich silberglänzende bis schwarze Kugeln
mit einem Durchmesser von wenigen Mikrometern gefunden werden konnten. Alle
Fundorte würden sich in der Nähe kerntechnischer Anlagen befinden.
Die im Raum Geesthacht gefundenen Kugeln würden in Verdacht stehen, dort für die
weltweit stärkste Häufung von Leukämie-Erkrankungen bei Kindern verantwortlich zu
sein. Aus den Untersuchungen der Kugeln sei ein jahrelanger Gutachterstreit ent-
brannt, wobei die zuständigen Behörden die umfassende Beantwortung der Fragen
nach Zusammensetzung, Herkunft und medizinischer Auswirkung der Kügelchen
bislang nicht veröffentlicht hätten.
Da das Auftreten dieser Mikrokugeln ein bundesländerübergreifendes Phänomen der
Kerntechnik sei und eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Bevölkerung zu
vermuten stehe, fordert die Petition, weitere Untersuchungen zu veranlassen und die
Bevölkerung über die bislang vorliegenden Ergebnisse zu informieren.
Wegen weiterer Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die mit der Eingabe
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Bei der Eingabe handelt es sich um eine öffentliche Petition, die zum
Abschlusstermin für die Mitzeichnung 502 Unterstützer sowie 34 Diskussionsbeiträge
auf der Internetseite des Petitionsausschusses bewirkt hat.
Der Petitionsausschuss hat für das Anliegen eine Stellungnahme des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) eingeholt.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich auf dieser Grundlage wie
folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass sich die Strahlenschutzkommission
(SSK) mit den in der Petition gestellten Fragen zu den in der Nähe der Stadt
Geesthacht gefundenen Kugeln im Auftrag des BMU bereits zwischen den Jahren
2001 und 2003 intensiv befasst hat. Anlass waren Berichte der Arbeitsgemeinschaft
Physikalische Analytik und Messtechnik (ARGE PhAM), in denen behauptet wurde,
dass sich in den Bodenproben aus der Umgebung des Kernkraftwerkes Krümmel
und des Forschungszentrums GKSS in Geesthacht großflächig verteilt Kügelchen mit
transuranhaltigen Kernbrennstoffteilchen befinden würden.
Die SSK hatte daraufhin auf Veranlassung des BMU geprüft, ob die von
verschiedenen Seiten vorgelegten Messergebnisse Anlass zu den Aussagen geben,
dass im betrachteten Gebiet ein erhöhtes Vorkommen an angereichertem Uran, ein
erhöhtes Vorkommen an Transuranen, gegenüber anderen Gebieten abweichende
Plutonium-Isotopenverhältnisse, ein erhöhtes Vorkommen an Tritium und PAC-
Brennstoffkügelchen vorliegen, und inwieweit derartige Befunde zu einer erhöhten
Strahlenexposition der Bevölkerung führen können. Dazu wertete die SSK sowohl
die Berichte der ARGE PhAM als auch die Untersuchungen anderer Institutionen,
insbesondere vom Niedersächsischen Landesamt für Ökologie (NLÖ), von der
Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Kiel (LUFA), vom GKSS
Forschungszentrum, vom Forschungszentrum Jülich (FZJ) sowie vom Institut für
Transurane (ITU) aus.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass die SSK im Jahr 2003 ihre Stellungnahme
"Bewertung von Messungen der ARGE PhAM zur Radioaktivität in der Elbmarsch"
veröffentlicht hat. Diese Stellungnahme ist auf der Internetseite
www.ssk.de/de/werke/2003/volltext/ssk0301.pdf der Öffentlichkeit zur Verfügung
gestellt worden.
Zu den Beratungen der SSK wurden vielfach Mitarbeiter der ARGE PhAM und
Personen der Laboratorien, die im Auftrag der ARGE PhAM Messungen
durchgeführt haben, eingeladen. Der Petitionsausschuss stellt fest, dass bis auf eine
einzige Ausnahme den Einladungen jedoch nicht gefolgt wurde, sodass viele offene
Fragen, die in den vorliegenden Berichten der ARGE PhAM nicht nachvollziehbar
beantwortet werden, nur eingeschränkt nachvollzogen und überprüft werden
konnten. Insbesondere konnte nicht beantwortet werden, aus welchem Grund die
Messungen, die im Auftrag der ARGE PhAM erfolgten, zu deutlich anderen
Ergebnissen kamen als alle Messungen anderer Institutionen. Dies traf selbst dann
zu, wenn es sich um das gleiche Probenmaterial handelte.
Abschließend gibt der Petitionsausschuss zu bedenken, dass seitens der ARGE
PhAM kein dokumentierter, nachvollziehbarer Nachweis erbracht wurde, der bei den
Kügelchen auf transuranhaltige Kernbrennstoffteilchen oder Fusionspartikel
schließen lässt.
Tatsächlich finden sich Kügelchen in unterschiedlicher Konzentration in Böden der
Umgebung des GKSS Forschungszentrums und des Kernkraftwerks Krümmel. Der
Petitionsausschuss stellt fest, dass diese zum Teil anthropogenen Ursprungs sind,
d.h. es handelt sich z.B. um Flugasche. Die Aktivitätsmessungen und
massenspektrometrischen Messungen an diesen Partikeln und Kügelchen durch
NLÖ, LUFA; GKSS, FZJ; ITU und Prof. Dr. Ensinger der Universität Marbung haben
keine Hinweise für eine Bestätigung der These erbracht, dass es sich hierbei um
Kernbrennstoffteilchen oder Fusionspartikel handelt. Die SSK sieht daher keine
Hinweise auf ein lokales oder gar großräumiges Vorkommen kernbrennstoffhaltiger
Kügelchen in den untersuchten Gebieten.
Vor diesem Hintergrund gelangt das BMU zu der Auffassung, dass aus den
vorliegenden Informationen, Messergebnissen und Datenanalysen eine erhöhte
Strahlenexposition der Bevölkerung durch diese Kügelchen ausgeschlossen ist, da
auch mit den feinsten Methoden keine radioaktive Aktivität nachweisbar ist und
weitergehende Untersuchungen der gefundenen Kügelchen aus Sicht des
Strahlenschutzes daher nicht gerechtfertigt sind.
Nach dem Dargelegten gelangt der Petitionsausschuss zu der Auffassung, dass der
Bitte nach einer Veröffentlichung der Stellungnahme der SSK auf deren Internetseite
nachgekommen werden konnte. Ein Tätigwerden im Sinne weitergehender
Untersuchungen zu den gefundenen Kügelchen kann der Petitionsausschuss aus
den dargelegten Gründen jedoch nicht in Aussicht stellen. Er empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen werden
konnte.
Begründung (PDF)