21.01.2017, 03:22
Pet 2-18-08-610-018379
Steuerrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Finanzen – zu
überweisen, soweit Maßnahmen gefordert werden, die wettbewerbsverzerrende
Steuergestaltungen unterbinden,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Der Petent fordert gesetzliche Regelungen, die die Abzugsfähigkeit von Zins-, und
Lizenzzahlungen an Gläubiger in Niedrigsteuerländern untersagt.
Zur Begründung wird ausgeführt, die gängige Praxis multinationaler Konzerne,
mittels unternehmensinterner Kapitalverlagerung (etwa in Form von Lizenz- oder
Kreditzahlungen) steuerliche Verpflichtungen auf einem verschwindend geringen
Niveau zu halten, müsse unterbunden werden. Als Beispiel nennt der Petent
multinationale Unternehmen, die sich vermehrt in Luxemburg ansiedelten, um die
dortigen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen zur Minimierung ihrer
Steuerschuld zu nutzen. Großkonzerne könnten somit in erheblichem Umfang
Steuervermeidung realisieren, wohingegen mittelständischen Unternehmen der
Zugang zu derartigen Steueroptimierungsmodellen verwehrt sei.
Der Petent plädiert für eine Fortführung der bisherigen Anstrengungen der
internationalen Staatengemeinschaft, Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und das
gezielte Ausnutzen von Steuerschlupflöchern zu bekämpfen und dadurch für mehr
Steuergerechtigkeit zu sorgen. Er verweist dabei insbesondere auf einen
einschlägigen Beschluss des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister Europas
(ECOFIN) zur Einführung eines Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung
sowie auf die Aktionspläne der EU-Kommission (1. Dezember 2012) und der OECD
(19. Juli 2013). Im Zusammenhang mit seiner Forderung nach einer Einschränkung
bzw. Versagung des Betriebsausgabenabzugs für Zins- und Lizenzzahlungen an in
Niedrigsteuerländern ansässige Gläubiger stellt der Petent zur Diskussion, ob
Unternehmen in einem solchen Fall den Standort Deutschland aufgeben oder ihr
Geschäft anderen Mitbewerbern überlassen würden. Falls dies zutreffe, sei zu
fragen, ob dies für Deutschland tatsächlich einen Verlust darstellen würde.
Zu den Einzelheiten des Vortrages wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 282 Mitzeichnungen sowie 9 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Grundsätzlich kann der Petitionsausschuss dem Petenten dahingehend folgen, dass
multinationale Unternehmen unter Ausnutzung von bestehenden
Besteuerungsinkongruenzen in der Lage sind, ihre Steuerlast entsprechend zu
senken. Dies führt zu Steuermindereinnahmen, aber auch zu erheblichen
Wettbewerbsverzerrungen. Denn rein national agierende Unternehmen – das sind in
der Regel kleine und mittelständische Unternehmen – können derartige
Steuergestaltungen nicht einsetzen und erleiden wegen ihrer höheren Steuerlast
Wettbewerbsnachteile.
Auf internationaler Ebene sind daher von Deutschland Initiativen wirksam, die in
Richtung einer fairen Besteuerung international tätiger Unternehmen wirken sollen.
Hervorzuheben ist hierbei insbesondere die Mitwirkung Deutschlands an dem BEPS-
Projekt der OECD und der G-20-Staaten ("Base Erosion and Profit Shifting"). Bei
diesem Projekt handelt es sich um ein international abgestimmtes Vorgehen gegen
schädlichen Steuerwettbewerb und gegen aggressive Steuergestaltungen
international tätiger Unternehmen. Die endgültigen Empfehlungen zum gesamten
Aktionsplan wurden kürzlich von der OECD beschlossen und am 8. Oktober 2015
von den G-20-Finanzministern gebilligt.
Weiterhin macht der Petitionsausschuss darauf aufmerksam, dass auch die vom
Petenten vorgetragenen Gestaltungen zur Gewinnverminderung und
Gewinnverlagerung durch Zins- und Lizenzzahlungen vom BEPS-Projekt adressiert
werden. So wurden etwa unter Aktionspunkt 4 konkrete Empfehlungen erarbeitet, die
die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen – in der Abhängigkeit von der
Höhe der Erträge des Unternehmens oder von der Höhe der vorhandenen
Anlagegüter – einschränkt. Deutschland verfügt mit der sogenannten Zinsschranke
bereits heute über eine Regelung, die einen Betriebsausgabenabzug für Zinsen im
Fall übermäßiger Fremdfinanzierung begrenzt und dadurch einen Anreiz für die
Konzerne schaffen soll, Gewinne im Inland zu versteuern.
Die Ergebnisse zu Aktionspunkt 5 sowie zu den Aktionspunkten 8 bis 10 des BEPS-
Projektes betreffen die Gewinnverlagerung und Gewinnverkürzung durch
Lizenzzahlungen. Die Empfehlungen in diesem Bereich sollen sicherstellen, dass
Einkünfte aus der Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter dort besteuern werden, wo
unternehmerische Aktivitäten und Wertschöpfungsprozesse stattfinden.
Beispielsweise stehen im Rahmen des Aktionspunktes 5 Regelungen, mit denen
Lizenzeinkünfte steuerlich privilegiert werden (sogenannte Patentboxen), im Fokus.
Diese Privilegierung darf nach den Empfehlungen künftig nur noch dann gewährt
werden, wenn die zugrunde liegende Forschungs- und Entwicklungstätigkeit von
Unternehmen selbst ausgeübt wird.
Die Frage, welche Konsequenzen Deutschland gerade aus der Empfehlung zu
Aktionspunkt 5 ziehen soll und ob gegebenenfalls ergänzende nationale Regelungen
erforderlich sind, muss noch geprüft werden. Dies gilt gleichermaßen im Hinblick auf
Maßnahmen zur Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs für Lizenzgebühren. Vor-
und Nachteile der Einführung einer solchen sogenannten Lizenzschranke sind
jedoch sorgfältig abzuwägen.
Der Petitionsausschuss hält die Eingabe für geeignet, in einschlägige
Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse zu der zugrunde liegenden Thematik
Eingang zu finden. Er empfiehlt daher, die Eingabe der Bundesregierung – dem
Bundesministerium der Finanzen – zu überweisen, soweit Maßnahmen gefordert
werden, die wettbewerbsverzerrende Steuergestaltungen unterbinden und das
Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Der abweichende Antrag der Fraktionen DIE LINKE. und von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Petition der Bundesregierung – dem
Bundesministerium der Finanzen – zur Erwägung zu überweisen und den Fraktionen
des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Begründung (PDF)