18.11.2015, 16:06
Pet 1-18-06-7112-000171
Sprengstoffrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.07.2015 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte. Begründung
Mit der Petition wird ein bundesweites Verbot des Abbrennens von Feuerwerk
einschließlich von Böllern an Silvester gefordert.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des
Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 663 Mitzeichnungen und
271 Diskussionsbeiträgen sowie mehrere Eingaben mit verwandter Zielsetzung vor,
die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung unterzogen werden. Der Petitionsausschuss bittet um Verständnis, dass
nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass Silvesterböller
nicht nur laut seien, sondern auch eine enorme Menge Müll hinterlassen würden.
Neben der Umweltverschmutzung würde das Abbrennen von Feuerwerk auch Tiere
und Pflanzen beeinträchtigen sowie Verletzungsgefahren für Menschen bergen.
Gesundheitsbelastungen durch Feinstaub, verstörte Haustiere und unnötige
Belastungen des öffentlichen Gesundheitssystems seien zudem negative Folgen.
Aus Angst vor Lärm und Gefahr würden viele Menschen lieber zu Hause bleiben
oder sogar Zuflucht in abgelegenen Dörfern und im Ausland suchen. Teilweise wird
überdies angeführt, dass Feuerwerkskörper aufbewahrt und so mittlerweile sogar
ganzjährig gezündet werden würden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Nach umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage betont der Petitionsausschuss
zunächst, dass bereits restriktive Regeln im Sprengstoffrecht gelten. Diese vermögen
einen Ausgleich zwischen den Wünschen der Bürger, Feuerwerk verwenden zu
dürfen, und denen, die sich hierdurch gestört fühlen oder Schäden befürchten, zu
schaffen. Auch den Aspekten des Tier- und Umweltschutzes wurde ausreichend
Rechnung getragen.
Der Ausschuss macht in diesem Zusammenhang zudem darauf aufmerksam, dass
mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes vom 17. Juli 2009 die
Umsetzung der Richtlinie 2007/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 23. Mai 2007 über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände in
deutsches Recht erfolgte. Damit wurde das bisherige nationale Zulassungsverfahren
für pyrotechnische Gegenstände durch ein Konformitätsbewertungsverfahren nach
EU-Recht ersetzt und somit die Handhabungssicherheit von pyrotechnischen
Gegenständen weiter verbessert. Feuerwerkskörper dürfen nur nach einer
Bauartprüfung in den Verkehr gebracht und an den Endverbraucher verkauft werden.
Die Lärmschutzaspekte werden bei der Normung und Kategorisierung von
Feuerwerkskörpern durch Festlegung der maximalen Laustärke und entsprechend
vorgeschriebenen Schutzabständen berücksichtigt. Die Silvesterfeuerwerksartikel, zu
denen auch die sogenannten „Böller“ zählen, dürfen zudem nach §§ 22 und 23 der
Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz lediglich an wenigen Tagen zum
Jahreswechsel und ausschließlich an Erwachsene verkauft sowie nur am
31. Dezember und 1. Januar eines Jahres abgebrannt werden. Viele Städte und
Gemeinden haben darüber hinaus das Abbrennen von Feuerwerkskörpern auf die
Zeit von 18:00 Uhr am 31. Dezember bis um 07:00 Uhr am 1. Januar begrenzt und in
bestimmten räumlichen Bereichen untersagt. Der Ausschuss betont vor diesem
Hintergrund, dass das Zünden pyrotechnischer Artikel in unmittelbarer Nähe von
Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen und in unmittelbarer Nähe von
Reet- und Fachwerkhäusern ohnehin gänzlich verboten ist.
Der Petitionsausschuss verkennt jedoch nicht, dass aufgrund des
Silvesterfeuerwerks Lärmbelastungen, kurzzeitig erhöhte Schadstoffbelastungen in
der Luft entstehen und Menschen sowie Tiere durch Knallgeräusche in ihrem
Wohlbefinden beeinträchtigt werden können. Unmittelbare Gesundheitsgefahren sind
bei einem vernünftigen Umgang mit Feuerwerk hingegen nicht zu erwarten.
Insbesondere sind auch die allgemeinen tierschutzrechtlichen Regelungen zu
beachten, wonach entsprechend § 1 Satz 2 Tierschutzgesetz niemand einem Tier
ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Der
Ausschuss weist ferner darauf hin, dass jeder einen Beitrag zur Verminderung der
Feinstaub- und Lärmbelastung in der Silvesternacht leisten kann. Somit kann
geholfen werden, die Müllmenge von Verpackung und Umhüllung der
Feuerwerkskörper und den bei der Herstellung bestehenden Energieaufwand zu
verringern. Das Umweltbundesamt hat weitere ausführliche Informationen und
Hinweise hierzu auf www.umweltbundesamt.de zur Verfügung gestellt.
Gesetz- und Verordnungsgeber haben somit nach Auffassung des
Petitionsausschusses sowohl die Wünsche einer nach wie vor großen Anzahl von
Bürgern, gerade zu Silvester traditionell Feuerwerksartikel verwenden zu dürfen, als
auch die Belange der Allgemeinheit, die sich durch Lärm, Feuer und Qualm gestört
fühlt, in Einklang gebracht. Dem Umwelt-, Lärm- und Jugendschutz und vor allem
dem Schutz der Gesundheit werden mit den geltenden sprengstoffrechtlichen
Vorschriften Rechnung getragen.
Eine missbräuchliche Verwendung kann jedoch nicht vollständig ausgeschlossen
werden. Allerdings handelt die überwiegende Mehrheit der Bürger vernünftig und
verantwortungsbewusst. Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass etwaige
Verstöße gegen die sprengstoffrechtlichen Regelungen mit einem Bußgeld bis zu
50.000 Euro, Straftaten nach dem Sprengstoffgesetz mit einer Geldstrafe oder sogar
mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, bei wissentlicher Gefährdung von
Personen oder Sachen von bedeutendem Wert bis zu fünf Jahren, geahndet werden.
Einer weitergehenden Verschärfung der Sanktionsnormen bedarf es nach Ansicht
des Ausschusses daher nicht.
Zudem gehört das Zünden von Feuerwerkskörpern zu Silvester und am Neujahrstag
zum traditionellen Brauchtum in Deutschland. Das Zünden von Feuerwerksartikeln
zur Feier des Jahreswechsels stellt ausnahmsweise erlaubtes und sozialadäquates
Verhalten dar. Ein Totalverbot für privates Feuerwerk und eine massive
Einschränkung kommerzieller Feuerwerke wäre somit weder verhältnismäßig noch
zielführend und kaum durchsetzbar. Die unkontrollierte und unkontrollierbare
Nutzung selbst hergestellter oder illegal eingeführter Feuerwerkskörper mit einem
wesentlich höheren Gefahrenpotenzial sowie einer deutlich stärkeren Gefährdung
der Bevölkerung wäre zu erwarten.
Abschließend stellt der Ausschuss überdies fest, dass der Vollzug des
Sprengstoffrechts sowie damit einhergehende Kontrollen beziehungsweise
Sanktionen im Zuständigkeitsbereich der Behörden der einzelnen Bundesländer
liegen und damit der Regelungskompetenz des Bundes entzogen sind. Weder dem
Deutschen Bundestag noch seinem Petitionsausschuss ist es daher möglich, hierauf
Einfluss zu nehmen.
Im Ergebnis vermag der Petitionsausschuss somit keinen Anlass für
parlamentarische Initiativen auf Bundesebene zu erkennen. Der Ausschuss hält die
geltenden sprengstoffrechtlichen Vorschriften für sachgerecht und empfiehlt daher,
das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.Begründung (pdf)