10.06.2016, 04:24
Pet 2-17-08-6110-054812
Einkommensteuer
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und
Soziales und dem Bundesministerium der Finanzen – zu überweisen, soweit im
Rahmen des Bundesteilhabegesetzes die Pauschbeträge nach § 33b
Einkommensteuergesetz überprüft werden,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass der Freibetrag für behinderte Menschen an die
heutigen Bedürfnisse angepasst wird.
Zur Begründung wird angeführt, die Forderung nach einer Erhöhung des
Freibetrages entspringe der Erkenntnis, dass die Regelung aus dem Jahr 1985 nicht
mehr den heutigen Bedürfnissen entspreche. Zwischenzeitlich seien die
Lebenshaltungskosten kontinuierlich gestiegen.
Der Höchstbetrag für Bürger mit einem Grad der Behinderung - GdB - von 100 %
betrage heute immer noch 1.420 Euro pro Jahr. Dies entspreche gerade mal
119 Euro pro Monat. Dieser Betrag sei sehr schnell aufgebraucht, wenn man als
chronisch Kranker allein den monatlichen Bedarf an Medikamenten in der Apotheke
beschaffe. Auch durch die regelmäßigen Fahrten zu Ärzten, Behörden und
Therapien sei das Monatsbudget sehr schnell aufgebraucht. Angesichts dessen sei
es geboten, den Freibetrag an die heutige Wirklichkeit anzupassen.
Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die vom Petenten eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Zu dieser Eingabe liegt eine weitere Mehrfachpetition vor, die wegen des
Sachzusammenhangs in die parlamentarische Beratung einbezogen wird.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der Seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss macht zunächst darauf aufmerksam, dass es sich bei den
vom Petenten angesprochenen Freibeträgen für behinderte Menschen um
Pauschbeträge nach § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) handelt. Bei diesen
Pauschbeträgen für Menschen mit Behinderung handelt es sich nicht um
"Höchstbeträge", sondern um eine Vereinfachungsregel, die den Einzelnachweis
bestimmter Aufwendungen entbehrlich werden lässt.
Der Ausschuss betont in diesem Zusammenhang, dass der Nachweis höherer
tatsächlicher Kosten jedoch stets möglich ist. Angesichts dieser Möglichkeit werden
behinderte Menschen auch in die Lage versetzt, Kostensteigerungen ausreichend
flexibel geltend machen zu können. Auch werden seit dem Jahr 2008 durch die
Pauschbeträge nur noch die behinderungsbedingten Mehraufwendungen
abgegolten. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die für die Hilfe bei den
gewöhnlichen und regelmäßigen wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen
Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf anfallen.
Ergänzend ist zu betonen, dass alle übrigen Krankheitskosten seitdem zusätzlich
nach § 33 EStG geltend gemacht werden können, auch wenn sie
behinderungsbedingt entstanden sind.
Der Petitionsausschuss unterstreicht, dass die mit einer Behinderung
einhergehenden Entbehrungen und Belastungen durch das Steuerrecht allein
niemals vollständig ausgeglichen werden können. Aufgabe des Steuerrechts ist es
auch nicht, den tatsächlichen Aufwand zu erstatten. Vielmehr soll durch die
steuerliche Berücksichtigung behinderungsbedingter Aufwendungen ein
Entlastungseffekt erreicht werden, durch den bei denjenigen Betroffenen, die
Einkommensteuer entrichten, die Steuerlast sinkt. Steuerpflichtige, die etwa aufgrund
eines niedrigen Einkommens keine Steuern entrichten, können diese steuerliche
Entlastung zwar in Anspruch nehmen, sie wirkt sich aber faktisch nicht in Form einer
Steuererstattung aus.
Hinzuweisen ist ferner darauf, dass im Jahr 2012 der Bundesrat zwar in seinem
Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts 2013
(Steuervereinfachungsgesetz 2013) vorgeschlagen hat, die Behinderten-
Pauschbeträge neu zu konzipieren und zu erhöhen, der gegenwärtig mögliche
kombinierte Abzug aus Pauschbetrag und dem Nachweis tatsächlicher Kosten sollte
danach jedoch nicht mehr möglich sein.
Dieser Vorschlag hätte trotz erheblicher Steuermindereinnahmen in Höhe von
220 Mio. Euro bei einer nicht vorhersehbaren Anzahl von Steuerpflichtigen infolge
der Ausweitung der Abgeltungswirkung des Pauschbetrags im Vergleich zum
geltenden Recht zu einer Schlechterstellung geführt, so dass dieser Vorschlag
letztlich keine Mehrheit gefunden hat. Die Vielzahl der möglichen individuellen
persönlichen Lebenssachverhalte ist keiner als gerecht empfundenen
Pauschalregelung zugänglich.
Die gelegentlich dieser Bundesratsinitiative geführte Diskussion zur Höhe des
Behinderten-Pauschbetrages hat aber gezeigt, dass die gegenwärtige Regelung
jedem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumt, seine individuellen Aufwendungen
in individueller Höhe steuerlich geltend machen zu können. Soweit es mithin um die
Möglichkeit geht, dass Bürger mit einem GdB in Höhe von 100% ihre
behinderungsbedingten Kosten in voller Höhe steuerlich geltend machen können,
stellt der Petitionsausschuss fest, dass diesem Gesichtsupnkt weiterhin entsprochen
wird.
Hinsichtlich des Petitums einer Erhöhung der Pauschbeträge ruft der
Petitionsausschuss in Erinnerung, dass der erwähnte Gesetzentwurf des
Bundesrates bis zum Abschluss der 17. Wahlperiode des Deutschen Bundestages
nicht mehr die erforderliche Zustimmung der beteiligten Gesetzgebungsorgane
gefunden hat. Der Bundesrat hat am 14. März 2014 beschlossen, den Entwurf eines
Steuervereinfachungsgesetzes 2013 in identischer Form erneut einzubringen. In
ihrer Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf vom 30. April 2014 hat die
Bundesregierung den Vorschlag, die Behinderten-Pauschbeträge neu zu konzipieren
und zu erhöhen, wiederum abgelehnt (Bundestags-Drucksache 18/1290).
Der Petitionsausschuss äußert die Überzeugung, dass eine Anhebung des
Behinderten-Pauschbetrages - wie im Entwurf zu einem Steuerentlastungsgesetz
2013 dargelegt - für die Betroffenen zu einer Steuervereinfachung führen kann,
dadurch dass keine Einzelnachweise vorgelegt werden müssen. Außerdem ist über
eine Verringerung des erforderlichen Prüfaufwandes eine Entlastung der
Finanzverwaltung zu erwarten.
Der Petitionsausschuss ruft weiterhin in Erinnerung, dass sich die
Koalitionsfraktionen im Koalitionsvertrag für die 18. Wahlperiode darauf verständigt
haben, die Leistungen an Menschen, die aufgrund einer wesentlichen Behinderung
nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, aus dem bisherigen "Fürsorgesystem"
herauszuführen und die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiter
zu entwickeln. Im Zuge der Vorarbeiten zu einem Bundesteilhabegesetz werden
unter anderem auch die Pauschbeträge für behinderte Menschen im
Einkommensteuerrecht diskutiert.
Der Petitionsausschuss hält die vorliegende Eingabe für geeignet, im Zuge der
Entscheidungsprozesse zur Ausgestaltung des Bundesteilhabegesetzes mit
einbezogen zu werden. Er empfiehlt daher, die Petition der Bundesregierung – dem
Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium der
Finanzen – zu überweisen, soweit im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes die
Pauschbeträge nach § 33b EStG überprüft werden, und das Petitionsverfahren im
Übrigen abzuschließen.
Begründung (pdf)