27.10.2016, 04:22
Pet 2-18-18-2320-022554
Wohnungswesen
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 20.10.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird ein Beschluss des Deutschen Bundestages dahingehend
begehrt, das Recht auf eine angemessene und bezahlbare Wohnung in allen
Bundesländern zu verankern.
Zur Begründung seiner Eingabe führt der Petent im Wesentlichen an, zur
Überwindung von Armut und Obdachlosigkeit in Deutschland solle Artikel 106 Abs. 1
der Verfassung des Freistaates Bayern übernommen werden. Danach habe jeder
Bewohner Bayerns Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Der Petent verweist
darauf, dass derzeit schätzungsweise bis zu einer Million Menschen ohne eigene
Wohnung leben. Diese Menschen lebten vielmehr zum Beispiel in Notunterkünften,
Wohnheimen, betreuten Wohnprojekten, bei Freunden und Bekannten, direkt auf der
Straße oder in Einrichtungen der Jugend-, Senioren- und der Suchthilfe. Eine genaue
Statistik von Wohnungslosen in Deutschland gebe es jedoch nicht. Die Hintergründe
für Obdachlosigkeit seien vielfältig, etwa familiäre Konflikte oder Folgeerscheinungen
von Hartz IV. Diese Situation der Menschen sei für ihn nicht hinnehmbar, weshalb er
den Petitionsausschuss um Unterstützung bitte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen des Petenten wird auf die
von ihm eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Sie wurde durch 246 Mitzeichnungen gestützt und es gingen
96 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss äußert Verständnis für das Anliegen des Petenten.
Gleichwohl sieht er keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Sinne der
Eingabe.
Nach dem Dafürhalten des Petitionsausschusses trägt bereits das geltende
Verfassungsrecht dem Anliegen des Petenten Rechnung. Nach allgemeiner
Auffassung umfasst bereits das Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 1
Grundgesetz (GG) einen Auftrag an den Staat, für eine ausreichende wohnliche
Versorgung der Bevölkerung Sorge zu tragen. Diesem Auftrag an den Bund und
(über Artikel 28 Abs. 1 GG) an die Länder ist durch die Schaffung umfassender
rechtlicher Rahmenbedingungen Rechnung getragen, und zwar durch das soziale
Mietrecht (vielfältige Regelungen zum Schutz des Mieters durch in der Regel
unbefristete Mietverträge und Kündigungsschutzregelungen); das Wohngeld
(gewährleistet die Bezahlbarkeit der Miete für Haushalte mit geringem Einkommen);
das Sozialrecht (Regelungen zu Hilfen zum Lebensunterhalt und der Übernahme der
Kosten der Unterkunft); das Ordnungsrecht (ermöglicht etwa eine Einweisung von
durch Obdachlosigkeit Bedrohte in Wohnungen bzw. Gemeinschaftsunterkünfte);
und die soziale Wohnraumförderung. Die Länder tragen hier – finanziell bis Ende
2019 vom Bund unterstützt – durch Förderprogramme dafür Sorge, dass für
Menschen mit Marktzugangsschwierigkeiten geförderter Wohnraum zur Verfügung
steht.
Der Petitionsausschuss gibt zu bedenken, dass ein im Grundgesetz oder in einfach-
gesetzlichen Regelungen verankertes subjektives, also einklagbares Recht auf
Wohnen keine zusätzlichen Wohnungen schaffen würde und damit nicht geeignet ist,
anders als vom Petenten erhofft, Probleme bei der Wohnraumversorgung oder gar
Obdachlosigkeit zu bekämpfen. In Deutschland erfolgt die Wohnungsversorgung von
mehr als 90 Prozent der Haushalte über Privateigentümer und nur zu 10 Prozent
durch öffentliche Wohnungsunternehmen und Genossenschaften. Private Vermieter
könnten wegen der verfassungsrechtlich garantierten Privatautonomie und des
Eigentumsschutzes nicht ohne weiteres gezwungen werden, ihre Wohnungen einem
bestimmten Mieter zur Verfügung zu stellen. Die Möglichkeit von
Zwangsmaßnahmen würde sich nachteilig auf die Bereitschaft von Investitionen in
Wohnimmobilien auswirken und damit den derzeit so notwendigen Bau preiswerten
Wohnraumes beeinträchtigen. Der Petitionsausschuss weist ferner darauf hin, dass
die Verankerung der Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum
als bloßes Staatsziel gleichfalls hohe Erwartungen wecken würde, die sich im
Einzelfall nicht erfüllen lassen, da dieses Recht nicht einklagbar wäre. Abschließend
bemerkt der Petitionsausschuss, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof im
Übrigen festgestellt hat, dass Artikel 106 der Verfassung des Freistaates Bayern kein
einklagbares Recht auf Wohnen verbürgt.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein
weitergehendes parlamentarisches Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen. Er
empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)