29.08.2017, 16:53
Pet 1-17-14-580-036874
Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 26.03.2015 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, den Einsatz und die Produktion
unbemannter, bewaffneter Drohnen zu ächten, und die Bundesregierung auffordern,
diese Position international zu vertreten.
Zu der Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
wurde, liegen dem Petitionsausschuss 713 Mitzeichnungen und
136 Diskussionsbeiträge sowie weitere sachgleiche Eingaben vor. Alle Petitionen
werden aufgrund des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung zugeführt. Es wird um Verständnis gebeten, dass dabei nicht auf alle
Gesichtspunkte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass Drohnen in
der militärischen Auseinandersetzung als Angriffswaffen zunehmend an Bedeutung
gewönnen, obwohl ihr Einsatz aufgrund der steigenden technischen Autonomie
erhebliche Risiken und ethische Probleme mit sich bringe. Es wird ausgeführt, dass
keine Sicherheit vor Softwarefehlern garantiert und aufgrund der Programmierung
der autonomen Drohne eine mögliche Kapitulation feindlicher Kämpfer nicht erkannt
und darauf reagiert werden könne. Es sei zudem problematisch, dass das Leiden
und die Kriegsfolgen nur geschwächt wahrgenommen werden könnten und die
Verantwortlichkeit für Fehler vielfach nicht aufzuklären sei. Des Weiteren sei die
direkte Kommunikation mit feindlichen Kämpfern in einem Drohnenkrieg erschwert
und aufgrund der verringerten Zahl der am jeweiligen Angriff beteiligten Soldaten ein
Verlust demokratischer Kontrollmechanismen wahrscheinlich. Beispielshalber wird
angeführt, dass nach einer aktuellen Studie durch Drohnenangriffe mehr Zivilisten zu
Tode gekommen seien, als durch den Einsatz der ebenfalls umstrittenen
Streumunition. So seien beispielsweise in Pakistan 168 Kinder an den Folgen von
Drohnenangriffen gestorben. Zwar seien sinnvolle Einsatzszenarien für Drohnen
denkbar. Keinesfalls dürften Drohnen jedoch zur militärischen Nutzung bewaffnet
werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Zunächst weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass die Thematik der
unbemannten bewaffneten Systeme Gegenstand zahlreicher parlamentarischer
Anfragen ist, in verschiedenen Gremien des Deutschen Bundestages beraten wird
sowie Gegenstand einer aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag war. Zudem
befasste sich der Verteidigungsausschuss in einer öffentlichen Anhörung unter dem
Titel „Völker-, verfassungsrechtliche sowie sicherheitspolitische und ethische Fragen
im Zusammenhang mit unbemannten Luftfahrzeugen, die über Aufklärung hinaus
auch weitergehende Kampffähigkeit haben“ mit dieser Thematik. Die
entsprechenden Dokumente können unter www.bundestag.de eingesehen werden.
Nach umfassender Prüfung der Sach- und Rechtslage stellt der Petitionsausschuss
fest, dass es eine wichtige Aufgabe darstellt, die technologische Entwicklung
militärisch relevanter Systeme auf nationaler und internationaler Ebene kontinuierlich
und umfassend zu beobachten und die angemessenen rüstungspolitischen Schlüsse
daraus zu ziehen. Darunter fallen auch bewaffnete und unbewaffnete unbemannte
Systeme. Der Ausschuss weist darauf hin, dass die frühzeitige Identifizierung
möglicher Risiken hierbei eine entscheidende Rolle spielt. Mit Hilfe verschiedener
Maßnahmen, wie internationalen Vereinbarungen sowie vertrauens- und
sicherheitsbildenden Maßnahmen, können solche Risiken so weit als möglich
minimiert werden.
In diesem Zusammenhang ist nach Kenntnis des Petitionsausschusses auch der
ständige Dialog mit internationalen Partnern gewährleistet und es werden
einschlägige rüstungspolitische Instrumente sowie geeignete internationale
Transparenzmaßnahmen insbesondere mit Blick auf unbemannte Systeme geprüft.
Der Ausschuss macht darauf aufmerksam, dass das Humanitäre Völkerrecht auch
für bewaffnete unbemannte Systeme wie bewaffnete Drohnen gilt. Daher sind die
Vertragsstaaten nach Artikel 36 des I. Zusatzprotokolls von 1977 zu den Genfer
Abkommen von 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte
verpflichtet, bei der Prüfung, Entwicklung, Beschaffung oder Einführung neuer
Waffen zu prüfen, ob deren Verwendung stets oder unter bestimmten Umständen
durch Regeln des Humanitären Völkerrechts verboten wäre. Das heißt insbesondere,
dass ermittelt wird, ob die Verwendung der Waffe geeignet ist, überflüssige
Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen bzw. ob sie grundsätzlich nur so
eingesetzt werden können, dass keine Unterscheidung zwischen militärischen Zielen
und der Zivilbevölkerung möglich ist. Dies verlangt von jeder Konfliktpartei,
bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Daher darf die Auswahl des Ziels erst
nach einer Auswertung der relevanten Einsatzdaten erfolgen. Zudem muss sich die
Entscheidung über den jeweiligen Einsatz von Waffen auf die Bewertung stützen,
dass bei Einsatz der Waffen dem humanitär-völkerrechtlichen Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit nach Artikel 51 Abs. 5 b) des I. Zusatzprotokolls von 1977
entsprochen und der Unterscheidungsgrundsatz befolgt wird.
Im Rahmen dieser Prüfung ist unter anderem die technische Verfahrensweise der
jeweiligen Waffe zu berücksichtigen. Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass
keine autonomen Angriffstechnologien existieren, bei denen die Rechner im
unbemannten System selbstständige Waffeneinsatzentscheidungen treffen.
Indessen werden Drohnen – unabhängig davon, ob sie bewaffnet sind oder nur zur
Aufklärung eingesetzt werden – durch Bedienpersonal in einer Bodenkontrollstation
gesteuert (z. B. Drohnenflugzeugführer oder Auswertepersonal). Dies betrifft sowohl
die Auswertung von Aufklärungsergebnissen als auch gegebenenfalls die
Entscheidung über einen Waffeneinsatz. Damit sind die derzeit eingesetzten
unbemannten Systeme keine autonomen „Flugroboter“, die programmiert sind und
eigenständig über einen Waffeneinsatz entscheiden.
Der Ausschuss merkt ergänzend an, dass im Mai 2014 im Rahmen der Vereinten
Nationen (VN) unter breiter Beteiligung von Wissenschaftlern und
Nichtregierungsorganisationen ein erstes informelles Expertentreffen der
Signatarstaaten des VN-Waffenübereinkommens zu ethischen, technischen,
rechtlichen und militärischen Aspekten von letalen autonomen Waffensystemen
stattgefunden hat. Der Zweck des VN-Waffenübereinkommens ist es, den Einsatz
bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßiges Leiden verursachen oder
unterschiedslos wirken können, zu beschränken oder gegebenenfalls zu verbieten.
Der Ausschuss begrüßt, dass sich die Bundesregierung aktiv daran beteiligt, einen
breiten internationalen Konsens über die damit verbundenen Fragen herbeizuführen
und den ggf. notwendigen spezifischen Regelungsbedarf zu bestimmen. Maßgeblich
ist dabei, dass die Entscheidung über einen Waffeneinsatz gegen Personen nicht
dem Menschen entzogen und die Einhaltung des Humanitären Völkerrechtes
gewährleistet wird. Die Koalitionsparteien haben deshalb im Koalitionsvertrag
vereinbart, sich für die Ächtung solcher Waffensysteme einzusetzen, die dies nicht
gewährleisten. Der Ausschuss betont, dass für die Bundeswehr auch weiterhin nur
Waffensysteme in Betracht kommen, die den Anforderungen des Humanitären
Völkerrechts entsprechen.
Der Petitionsausschuss stellt des Weiteren fest, dass die mit einer Eingabe
angesprochene Kampfdrohne WABEP über einen optischen Sensor verfügt, der es
dem Bedienenden in der Bodenkontrollstation ermöglicht, über einen Waffeneinsatz
zu entscheiden sowie einen gegebenenfalls bereits eingeleiteten Eingriff wieder
abbrechen zu können.
Abschließend merkt der Ausschuss an, dass hinsichtlich der Sicherheit vor
Softwarefehlern sowie der Sicherheit der Waffen bei Absturz oder feindlicher
Übernahme dieselben Kriterien, Risiken und Fehlerpotenziale wie bei bemannten
Luftfahrzeugen gelten. Zur Vorbeugung von Sicherheitsproblemen findet für Bediener
von unbemannten Luftfahrsystemen im militärischen Betrieb gemäß §§ 4 Absatz 1
Nr. 3, 1 Absatz 2 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) in Verbindung mit § 7
Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) eine Zuverlässigkeitsüberprüfung statt.
Vor dem Hintergrund des dargelegten Sachverhaltes erkennt der Petitionsausschuss
insbesondere mit Blick auf die genannten bestehenden internationalen Abkommen
keinen Anlass für ein parlamentarisches Tätigwerden hinsichtlich der vorgetragenen
Forderung.
Im Ergebnis der parlamentarischen Prüfung empfiehlt der Petitionsausschuss daher,
das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Der abweichende Antrag der Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen
und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, wurde
mehrheitlich abgelehnt.
Begründung (PDF)