Erfolg

Schuldrecht - Unzulässige Werbeanrufe

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag

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Der Petition wurde entsprochen

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Der Petition wurde entsprochen

  1. Gestartet 2007
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Erfolg

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:14

Norbert Raps Schuldrecht Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.07.2009 abschließend beraten und
beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung Der Petent fordert, dass die im Rahmen von unzulässigen Werbeanrufen
zustandegekommenen Verträge nichtig seien.

Werbeanrufe seien nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
unzulässig. Wird im Verlauf eines solchen Anrufes ein Vertrag geschlossen, so dürfe
dieser keine Rechtsgültigkeit besitzen, da der Vertragspartner illegal gehandelt habe.
Der Petent regt daher an, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, welche die
Nichtigkeit solcher Verträge vorsieht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem
Vorbringen wird auf die vom Petenten eingereichten Unterlagen verwiesen.

Die öffentliche Petition wurde von 596 Mitzeichnern unterstützt. Zu ihr wurden im
Internet 10 gültige Diskussionsbeiträge abgegeben.

Der Petitionsausschuss hat zu der Petition eine Stellungnahme des Bundesministe-
riums der Justiz (BMJ) eingeholt. Unter Einbeziehung der Stellungnahme lässt sich
das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung wie folgt zusammenfassen:

Schon nach dem bislang geltenden § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 Gesetz gegen den unlaute-
ren Wettbewerb (UWG) sind Telefonanrufe zu Werbungszwecken gegenüber
Verbrauchern ohne deren Einwilligung unzulässig. Gleichwohl hat sich seit einiger
Zeit unerwünschte Telefonwerbung zu einem die Verbraucher erheblich belästigen-

den Problem entwickelt, bei dem in einigen Fällen sogar die Grenzen zu strafrechtlich
relevanten Verhalten (zum Beispiel Betrug, Nötigung) überschritten wurden.

Das bisher geltenden Recht enthält folgende Regelungen: Kommt es im Rahmen des
Werbetelefonats zu einem Vertragsschluss, versagt das allgemeine Zivilrecht diesem
sogenannten Folgevertrag trotz des Wettbewerbsverstoßes zunächst nicht die Wirk-
samkeit. Die Tatbestände der §§ 134, 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
knüpfen die Rechtsfolge der Nichtigkeit an einen gesetzes- bzw. sittenwidrigen Inhalt
des Rechtsgeschäfts. Die Art und Weise seines Zustandekommens ist insoweit be-
deutungslos.

Der Verbraucher kann allerdings den Folgevertrag gemäß §§ 119 Abs. 1, Abs. 2
und 123 Abs. 1 BGB anfechten, wenn die unlautere Wettbewerbshandlung in Form
eines Werbeanrufs beim Verbraucher zu einem Inhalts-, Erklärungs- bzw. Eigen-
schaftsirrtum geführt hat oder der Tatbestand der arglistigen Täuschung bzw. wider-
rechtlichen Drohung erfüllt. Zudem unterfällt der noch im Rahmen des Werbetelefo-
nats abgeschlossene Folgevertrag regelmäßig den Vorschriften über Fernabsatz-
verträge im Sinne des § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB, die dem Verbraucher ein Wider-
rufsrecht gemäß §§ 312d Abs. 1 Satz 1, 355 BGB einräumen. Ausgenommen sind
die in §312b Abs. 3 BGB genannten Verträge. In den Fällen des § 312d Abs. 4 BGB
in
besteht vorbehaltlich einer anderweitigen Bestimmung (zum Beispiel
§§ 495 Abs. 1, 505 Abs. 1 Satz 1 BGB) kein Widerrufsrecht.

Schließlich kann dem Verbraucher im Einzelfall ein Schadensersatzanspruch zuste-
hen, der gemäß § 249 Abs. 1 BGB als sogenannte Naturalrestitution auch auf Aufhe-
bung des Folgevertrages gerichtet sein könnte. Als Anspruchsgrundlage kommt
§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (culpa in
contrahendo) in Betracht. Allerdings wird es in den meisten Fällen an einem Vermö-
gensschaden fehlen, denn nach der schadensrechtlichen Differenzhypothese kann
nicht einseitig auf die vertragliche Verpflichtung des Verbrauchers abgestellt werden.
Vielmehr ist eine saldierende Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der auch die
vom Unternehmer zu erbringende Gegenleistung berücksichtigt werden muss. Ste-
hen Leistung und Gegenleistung nicht außer Verhältnis, bleibt kein Raum für die An-
nahme eines Vermögensschadens. Zur Änderung der bisher geltenden, unbefriedigenden Rechtslage hat die Bundesre-
gierung im Oktober 2008 den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter
Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen
Vertriebsformen in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 16/10734). Auf Beschluss-
empfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drs. 16/12406) hat der Deut-
sche Bundestag den Gesetzentwurf in geänderter Fassung am 26. März 2009 ange-
nommen. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig; der Bundesrat hat beschlossen,
dass der Vermittlungsausschuss nicht angerufen wird. Das Gesetz tritt mit seiner
Verkündung (voraussichtlich im Juli 2009) in Kraft.

Mit der Neuregelung bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Möglich-
keiten, Verträge zu widerrufen, die sie am Telefon abgeschlossen haben. Verträge
über die Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten sowie über Wett- und
Lotterie-Dienstleistungen können künftig widerrufen werden so wie es heute schon
bei allen anderen Verträgen möglich ist, die Verbraucher am Telefon abgeschlossen
haben. In diesen Bereichen kommt es besonders oft zu unerlaubter Telefonwerbung,
um Verbraucher zu einem Vertragsabschluss zu bewegen. Es kommt für das Wider-
rufsrecht nicht darauf an, ob der Werbeanruf unerlaubt war. Die Vorschrift ermöglicht
einen Widerruf, aus welchen Gründen auch immer.

Wenn der Verbraucher den Vertrag fristgerecht widerrufen hat, braucht er ihn nicht
zu erfüllen. Die Widerrufsfrist beträgt abhängig von den Umständen des Einzelfal-
les zwei Wochen oder einen Monat und beginnt nicht, bevor der Verbraucher eine
Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform (etwa als E-Mail oder per Telefax)
erhalten hat. Bei unerlaubten Werbeanrufen beträgt die Frist regelmäßig einen Mo-
nat.

Verstöße gegen das bestehende Verbot der unerlaubten Telefonwerbung gegenüber
Verbrauchern können künftig mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet wer-
den. Außerdem wird im Gesetz klargestellt, dass ein Werbeanruf nur zulässig ist,
wenn der Angerufene vorher ausdrücklich erklärt hat, Werbeanrufe erhalten zu wol-
len. So wird verhindert, dass sich Anrufer auf Zustimmungserklärungen berufen, die
der Verbraucher in einem völlig anderen Zusammenhang oder nachträglich erteilt
hat. Bei Werbeanrufen darf der Anrufer seine Rufnummer nicht mehr unterdrücken, um
seine Identität zu verschleiern. Viele unerwünschte Werbeanrufe werden bislang
nicht verfolgt, weil sich nicht feststellen lässt, wer angerufen hat. Denn die Unter-
nehmen machen in der Regel von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Rufnummer zu un-
terdrücken. Dies wird nun durch das Telekommunikationsgesetz (TKG) verboten. Bei
Verstößen gegen das Verbot der Rufnummernunterdrückung droht eine Geldbuße
bis zu 10.000 Euro.

Mit diesen Gesetzesänderungen wird dem grundsätzlichen Anliegen der Eingabe, die
Rechtstellung des Verbrauchers bei unerlaubten Telefonanrufen deutlich zu verbes-
sern, also zumindest teilweise entsprochen.

Die vom Petenten darüber hinausgehend geforderte grundsätzliche Nichtigkeit ist
nicht Bestandteil der Gesetzesreform geworden. Als Grund dafür wurde in der Be-
gründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 16/10734, S.24) unter anderem auf Folgen-
des hingewiesen: Zwar ist der Werbeanruf ohne Einwilligung des Verbrauchers wettbe-
werbswidrig. Hinsichtlich der Einflussnahme auf den Willensbildungspro-
zess des Verbrauchers steht er aber weder einer arglistigen Täuschung
noch einer widerrechtlichen Drohung gleich. Dennoch wäre die daran an-
knüpfende Rechtsfolge (Nichtigkeit unter dem Vorbehalt der Bestätigung)
gravierender als die des § 123 Abs. 1 BGB (Anfechtbarkeit).

Zusätzlich würde die Bestätigungslösung zu erheblicher Rechtsunsicherheit
führen. Ob ein Vertrag wirksam ist oder nicht, würde auch davon abhängen,
ob der Verbraucher in den Anruf wirksam eingewilligt hat, oder davon, ob es
der Unternehmer oder der Kunde war, der angerufen hat. Aus diesem
Grund besteht auch die Gefahr, dass seriöse Unternehmer generell dazu
übergehen könnten, bei telefonisch geschlossenen Verträgen eine schriftli-
che Bestätigung zu verlangen. Im Ergebnis wären dann unkomplizierte tele-
fonische Bestellungen nicht mehr möglich, was nicht im Interesse der Verb-
raucherinnen und Verbraucher liegt. Der Petitionsausschuss hält daher den Verzicht auf eine generelle Nichtigkeitsfolge
für sachgerecht. Auch vor dem Hintergrund der erst vor kurzem stattgefundenen in-

tensiven parlamentarischen Beratungen und Entscheidungen vermag sich der Aus-
schuss nicht für die vom Petenten vorgeschlagene generelle Nichtigkeit solcher
Rechtsgeschäfte auszusprechen.

Im Ergebnis empfiehlt der Petitionsausschuss daher aus den genannten Gründen,
das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen wor-
den ist.


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