17.12.2019, 19:08
25.679 Unterschriften wurden am 4. November 2019 den Fraktionen der Grünen, Linken und SPD im Abgeordnetenhaus übergeben. Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und die FDP sind zum Übergabetermin nicht erschienen.
Am 11. und 25.11.2019 mussten die Sicherheitsbehörden im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses zum rechten Terror in Neukölln berichten. Bei der zweiten Sitzung wurde die Öffentlichkeit für einen Teil des Berichts ausgeschlossen.
Das LKA gestand ein, "nicht immer optimal, nicht immer fehlerfrei gearbeitet" und "nicht die Ergebnisse erzielt, die vielleicht möglich gewesen wären", zu haben, "dass die Zusammenführungen relevanter Informationen in und zwischen den beteiligten Sicherheitsbehörden nicht optimal, möglicherweise nicht fehlerfrei verliefen".
Die Polizeipräsidentin sprach von einer "lückenhafte Bewertung", erklärte aber gleichzeitig: "Gerade die Kollegen, die im Bereich Rechts im LKA arbeiten, da sind viele, viele dabei, für die ist das ihre Leidenschaft, die haben ihr Herz sozusagen dem Thema Kampf gegen Rechts gewidmet."
Im Widerspruch dazu steht auch der Hinweis eines leitenden LKA-Beamten auf eine "hohe Mitarbeitendenfluktuation" und die damit verbundenen "fachlichen Defizite". Im April 2019 war von sechs im März 2017 eingesetzten EG Resin-Mitarbeitenden nur noch eine Person dort tätig.
Auch andere Angaben blieben widersprüchlich. Hier nur ein Bespiel: Entgegen der Versicherung des Innensenators, dass inzwischen Opfer- vor Quellenschutz gehe, erklärte der Leiter des Verfassungsschutzes, dass es von diesem Grundsatz auch in Zukunft begründete Ausnahmen geben werde.
In anderen Fällen wurde offensichtlich, dass Betroffenen wie auch Medien bisher falsche Auskünfte erteilt wurden. Die Staatsanwaltschaft verkündete am 11.11.2019 als Verbesserung, dass nun alle Verfahren zusammengeführt worden seien. Eine solche gemeinsame Behandlung hatte die damalige Staatssekretärin für Justiz schon im Oktober 2018 behauptet.
Und während die Polizei bisher immer erklärte, sie habe Ferat Kocak nicht informieren können, dass sein Auto von Tatverdächtigen verfolgt worden sei, weil es zu viele rote Smarts gäbe, um sie potentiell Gefährdeten zuordnen zu können, gab sie nun bekannt, dass sie die Zahl auf drei Personen habe eingrenzen können.
Ob es ähnliche Fehler und Versagen der Sicherheitsbehörden wie bei dem Anschlag auf Ferat Kocak auch in anderen Fällen gegeben habe, konnte der Leiter des Verfassungsschutzes nicht beantworten, weil er damals noch nicht im Amt gewesen sei. Die Polizei äußerte sich dazu gar nicht.
Das LKA betrachtet es als Erfolg der Ermittlungstätigkeit, dass es seit Februar 2018 keine Anschläge mehr in Neukölln gegeben habe. Wir fragen: Was ist mit den rechten Anschlägen die es dieses Jahr in Adlershof gegeben hat? Verflechtungen zwischen der Rudower und der Treptower Nazi-Szene sind seit Jahrzehnten bekannt, werden aber offensichtlich nicht in Betracht gezogen. Unterschlagen werden auch die in Hausfluren und an Hauswände geschmierten Morddrohungen gegen drei Personen in Nord-Neukölln im März 2010.
Die fehlerhafte Ermittlungsarbeit und die bisherige Erfolglosigkeit wird hinter hohen Zahlenangaben versteckt, die den Anschein einer intensiven Beschäftigung erwecken sollen. So seien im Februar 2017 Hunderte Personen von der Polizei daraufhin überprüft worden, ob sie Ausspäh-Opfer der Tatverdächtigen waren. Allgemein: "Alleine im Rahmen von Hausauskünften zu möglichen Opfern wurden mehr als 10 000 Datenauskünfte erhoben und auf Relevanz geprüft."
Die im Mai 2019 eingerichtete BAO Fokus rechnet insgesamt 63 Ermittlungsverfahren zur Straftatenserie rechter Terror in Neukölln: 14 Diebstahlstaten, 35 Sachbeschädigungen, zum Teil in Tateinheit mit Beleidigung oder Bedrohung, 16 Brandstiftungen, die Morde an Burak Bektas, Luke Holland und an einer dritten Person. Überprüft werden außerdem weitere ungeklärte Mordfälle in Neukölln und auch "Polizeidelikte".
Im Dezember 2019 will die BAO Fokus einen Zwischenbericht vorlegen. Auch davon werden allerdings Teile als geheim eingestuft werden. Der Innenausschuss will diesen Bericht auf die Tagesordnung setzen.
"Sollten die Ergebnisse der BAO Fokus nicht zufriedenstellend sein, sollten da noch Fragen offenbleiben, behalten wir uns weitere Instrumente der Aufklärung vor", erklärte dazu ein SPD-Abgeordneter:
Wir sehen uns in unserer Forderung nach einem Untersuchungsausschuss bestätigt
- damit die Ursachen für die eingestanden Fehler aufgeklärt werden,
- weil bisher nur Fehler und Versäumnisse in den einer breiten Öffentlichkeit durch die Medien bekanntgewordenen Fällen eingestanden wurden und nur durch einen Untersuchungsausschuss Informationen dahingehend gewonnen werden können, was es noch an verdeckt gehaltenen Fehlern und Versäumnissen gibt,
- weil es um den Umgang der Sicherheitsbehörden mit dem rechten Terror in ganz Berlin gehen muss,
- wegen offensichtlich falscher Auskünfte in der Vergangenheit und nach wie vor widersprüchlichen und unglaubhaften Aussagen,