28.03.2019, 12:31
Update von Quellen zur weiterführenden Informationsbeschaffung
Neue Begründung: **WORUM GEHT ES?**
Wie den Sitzungsprotokollen des Stadtrates und Medienberichten zu entnehmen ist,
forcieren Befürworter einer „verlängerten Sperrzeit“ derzeit eine frühere Sperrstunde in Würzburg.
Sollte dieses Vorhaben erfolgreich sein, müssten alle Kneipen, Clubs und Discotheken unter der Woche schon um 2:00 und am Wochenende um 3:00, statt wie bisher, um 5:00 schließen.
Die Argumentation hierfür folgt dem Prinzip: „Je strikter die Sperrzeit, desto weniger Straftaten und Ruhestörungen“, wobei insbesondere die gehäuft ab 3:00 nachts auftretenden Straftaten, die meist unter Alkhoholeinfluss begangen werden, angeführt werden.
**WARUM IST EINE VERLÄNGERTE SPERRZEIT KEINE LÖSUNG?**
Abgesehen davon, dass sich Würzburg einer grundsätzlich „sehr guten“ Sicherheitslage (Zitat Polizeidirektor Böhm) rühmen darf, greift das obige Konzept eindeutig zu kurz, wie erst im vergangenen Jahr eine Studie in 13 bayerischen Städten festgestellt hat.
So gibt es keinen wissenschaftlich nachweisbaren Effekt der Sperrzeitverlängerung auf die Anzahl der Delikte. Es muss außerdem auch bezweifelt werden, ob es der Nachtruhe der WürzburgerInnen wirklich dienlich wäre, wenn just um 03:00 sämtliche Gäste aller Gastronomien mit einem Male zwangsweise Würzburgs Straßen bevölkern würden, anstatt wie bisher selbstbestimmt über einen Zeitraum mehrerer Stunden nachhause zu „tröpfeln“.
Bushaltestellen, Taxistände und Nachhausewege wären schlagartig deutlich stärker frequentiert, als sie es jetzt sind, der Lärm auf den Straßen entsprechend größer – warum gerade unter diesen Umständen die Anzahl der Straftaten ab 3:00 Uhr sinken sollte, ist nicht nachvollziehbar. Durch eine zusätzliche Begrenzung der Öffnungszeiten besteht zudem die Gefahr, dass sich der Alkoholkonsum an weniger gut überwachte Orte verlagert. Im Hinblick auf das Selbstschädigungspotenzial von Alkohol ist dies eine fatale Entwicklung, da sie den Alkoholkonsum fast jeder wachsamen Instanz und Kontrolle entzieht.
**WARUM IST EINE VERLÄNGERTE SPERRZEIT FATAL FÜR WÜRZBURG?**
Darüber hinaus wäre eine verfrühte Sperrstunde eine fatale Abkehr vom Anspruch Würzburgs, auch künftig als ambitionierte und studierendenfreundliche Stadt wahrgenommen zu werden. Infrastruktur, Ansehen und wirtschaftliche Potenz der Kulturstätte und Universitätsstadt Würzburg würden nachträglich und unwiderruflich geschädigt. Das Nachtleben ist wesentlicher Bestandteil des kulturellen Angebots unserer Stadt und gilt als Indikator für ihre Urbanität und Attraktivität. Überall dort in Bayern, wo bisher die Sperrstunde eingeführt wurde, lassen sich gesunkenes Ansehen bei jüngeren Bevölkerungsgruppen, ein Rückgang der Einschreibungen an den Universitäten, aussterbende Innenstädte, und der Verlust von Arbeitsplätzen in der Gastromomie verzeichnen - Würzburg würde Dorf werden, statt Stadt zu bleiben.
**WAS HILFT WIRKLICH?**
Das Leben in der modernen Stadt erfordert Rücksichtnahme auf die jeweiligen Bedürfnisse und Interessen ihrer BewohnerInnen und deren Schutz – ohne wenn und aber. Dies gilt gleichermaßen für sich gestört fühlende AnwohnerInnen, wie auch für alle Menschen, die ein Nachtleben auf Stadtniveau als Teil des kulturellen Angebots und hiesiger Lebensqualität einfordern. Um beides zu vereinbaren, erweisen sich die Maßnahmen, die einige GastronomInnen bereits ergriffen haben, wie z.B. zusätzliches „silencer“-Personal zum Beruhigen und Zerstreuen von Menschenansammlungen, die Installation von Schallschutzeinrichtungen, kein Ausschank an und kein Einlass von stärker alkoholisierten Gästen, die Etablierung von „Ruhestifter-Streifen“ sowie die Teilhabe am Konzept der „SAFER PARTY“ als weitaus effektivere Mittel zum Anwohnerschutz, als Androhungen unnützer Zwangsstrafen wie etwa einer Sperrstunde auf Dorfniveau.
**WAS WOLLEN WIR?**
Nicht zuletzt in Hinblick auf die Stadtratswahlen im kommenden Jahr erwarten wir von Behörden, Stadtrat und Polizei, das Augenmerk auf effektive Maßnahmen zum Anwohnerschutz zu legen, anstelle mit Appellen für rückwartsgewandte Pauschalverbote GastronomInnen und AnwohnerInnen Würzburgs für das Fehlverhalten einiger Weniger verantwortlich zu machen, und zehntausende WürzburgerInnen zu bevormunden, denen am selbstbestimmten Genuss unseres vielfältigen Nachtlebens gelegen ist.
Wir - das sind WürzburgerInnen, GastronomInnen und die Würzburger Studierenden, Vertreten durch den Sprecherinnen und Sprecherrat der Universität Würzburg fordern
effektiven Anwohnerschutz, den Erhalt des Würzburger Nachtlebens und die #nachtfüralle – Keine verlängerte Sperrzeit in Würzburg!
QUELLEN:
www.nordbayern.de/region/studie-erweiterte-sperrzeiten-reduzieren-gewalttaten-nicht-1.7633339
www.sueddeutsche.de/bayern/studie-sperrstunde-macht-orte-nicht-sicherer-1.3993303
www.uni-bamberg.de/emppol/team/lukas-hohendorf/projekt-auswirkungen-der-sperrzeit-in-bayern/
Unterschriften zum Zeitpunkt der Änderung: 282 (31 in Landkreis Würzburg)