18.03.2021, 08:50
Liebe Unterstützerinnen,
Liebe Unterstützer,
gestern gab es in Nürnberg eine Mahnwache der Initiative Familien, einer bundesweit aktiven Lobbygruppe, die Elterninitiativen vor Ort unterstützt, um Schulöffnungen unabhängig von der Inzidenz zu fordern (mehr Hintergründe lest Ihr z.B. hier uebermedien.de/57363/wer-und-was-steckt-hinter-der-initiative-familien-in-der-krise/ ). Das BR-Fernsehen berichtete darüber, ich durfte einige Sekunden sagen, dass das derzeit einfach nicht geht.
Am Abend gab es nun ein Gespräch mit Nürnberger Eltern, zu dem ich als Initiator einer "Petition der Gegenseite" auch eingeladen wurde. Der wichtigste Punkt für mich: Das Infektionsgeschehen und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen in der 12. bay. IfSMV lassen es für die Stadt nicht zu, im Augenblick die Schulen zu öffnen. Die Schulen bleiben nun bis nach Ostern im Distanzunterricht (keine Sorge: Ferien bleiben Ferien).
Die Stadt war hochrangig vertreten, auch die offiziellen Vertreter der Elternverbände in Nürnberg waren dabei. Dass die Kinder von der Stadt nicht gesehen werden, konnten die Vertreterinnen und Vertreter schon allein dadurch widerlegen, dass sie selber fast durchgängig auch betroffene Eltern waren: auch eine Referentin muss ihrem Kind während einer abendlichen Videokonferenz gute Nacht sagen und kann nicht einfach den fremden Leuten etwas zu Corona erklären oder der Oberbürgermeister hat im Homeschooling gerade gelernt was ein Schleichdiktat ist.
Die Stadt selbst war natürlich überwiegend der Meinung, dass sie bereits sehr viel getan hat, um sicheren Schulbetrieb während der Pandemie zu ermöglichen. So seien 300 Luftfilter für schlecht belüftbare Räume angeschafft worden und eine Testkonzept erstellt worden, dass im Vergleich zu vielen anderen Kommunen sehr weit sei. Auch gebe es nun neben Glasfaseranschlüssen an den Schulen auch schnelles WLAN, um Lernräume für Schüler*innen anbieten zu können, wenn diese zu Haus z.B. kein Internet haben. Leihgeräte gäbe es seit langem, die Verteilung laufe gut, wo es hapert, könne man sich immer an das dem Referat IV der Stadt wenden, dort finde man immer schnell eine Lösung, erklärte die Schulreferentin Cornelia Trinkl.
Dennoch konnten alle teilnehmende Eltern sehr individuelle Dinge schildern, die nicht gut laufen. 2000 Tests in einer Schule, die einfach ankommen ohne Personal, das die Tests überhaupt durchführen kann. Am Ende hat der Mann einer Mutter, der zufällig Arzt ist, die Tests spontan durchgeführt. Andere Tests scheiterten an der fehlenden Kostenübernahme durch die KVB. Man sieht kopflose Schulöffnungen auf solcher Basis, wären trotz eines guten theoretischen Konzepts riskant.
Ein Elternvertreter berichtete, von einem gerade leider verstorbenen Elternteil, einem Umstand hinter den für ihn dann die meisten anderen Sorgen zurücktreten, denn das Lernen könne man wieder aufnehmen, dieses Leben komme nicht zurück.
Der Klinikchef des Klinikums Nürnberg Prof. Dr. Achim Jockwick machte in der Videokonferenz mit Nürnberger Eltern in einem eindringlichen Statement klar, dass er auf die Aussagen von Christian Drosten vertraue, der mit seinen Einschätzungen bisher richtig gelegen habe und wir uns in der Stadt nun in der Dritten Welle befinden.
Der Leidensdruck im Klinikum insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei nach einem Jahr Pandemie sehr hoch, man sei froh um jeden, der sich nicht infiziere und nicht im Klinikum behandelt werden müsse. Es sei sehr wichtig alles zu tun, die Inzidenz zu senken. Er unterstützt daher ausdrücklich eine vorsichtige Position, insbesondere auch aufgrund des heterogenen Stimmungslage in dieser Elternrunde.
Leider hat er recht. Heute steigt die Fallzahl in Nürnberg erstmals über 25.000, damit sind knapp 5% der Nürnberger Bürger*innen bisher an Corona erkrankt. Die Fallzahlen steigen deutlich: Heute um 148 Fälle. Im Durchschnitt der letzten 7 Tage gab es pro Tag 107 neue Fälle, noch vor einer Woche lag dieser Wert bei 70. Wenn Sie in der Stadt unterwegs sind, liegt das Risiko sich zu infizieren derzeit rechnerisch bei 1:158, wobei Sie die 1 durch die Zahl der täglichen Kontakte, die Sie haben, ersetzen müssen.
Daher habe ich nochmal klar gefordert: Schulen müssen bei hoher Inzidenz geschlossen bleiben, nur dann sanken in Nürnberg die Zahlen. Wenn die Lage Distanzunterricht gebietet, müssen wir diesen weiter verbessern und die bekannten Schwachstellen abstellen. Wir benötigen ein Testkonzept und eine Reihentestung aller Schüler*innen vor einer Wiederaufnahme des Schulbetriebs. Am besten wird allen eine Selbsttest nach Hause geschickt, den man am Tag vor der geplanten Schulöffnung mit Präsenz durchführt. In den Schulen brauchen wir kinderfreundliche Testverfahren wie die Gurgeltests für ein regelmäßiges Testen der ganzen Gruppe und einen deutlichen Fortschritt bei den Impfungen unter den Lehrkräften.
Bleiben Sie gesund!
Beste Grüße,
Thomas Pettinger