07.04.2017 04:22
Pet 2-18-15-2123-010767
Heilberufe
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 23.03.2017 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird die Anerkennung der Osteopathie als eigenständiger Beruf
gefordert.
Der Petent begehrt die Anerkennung der Osteopathie als eigenständigen Beruf mit
primärem Patientenkontakt und dessen Eingliederung als gleichberechtigten Beruf
neben dem Arzt in das deutsche Gesundheitssystem.
Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 8405 Mitzeichnungen sowie
72 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss weitere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Zusammenhangs einer gemeinsamen
parlamentarischen Prüfung zugeführt werden. Der Ausschuss bittet daher um
Verständnis, dass nicht auf alle vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen werden
kann.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage von
Stellungnahmen der Bundesregierung wie folgt dar:
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist bereits mehrfach mit dem Anliegen
einer bundesrechtlichen Regelung des Osteopathenberufs als Heilberuf mit eigenen
Heilkundekompetenzen befasst gewesen und hat sich in diesem Zusammenhang
intensiv mit der Osteopathie befasst. Ihr liegt die Idee ihres Gründers, Andrew Taylor
Still, zugrunde, wonach der Körper eine Funktionseinheit ist, der die Fähigkeit der
Selbstregulierung besitzt. Nach seiner Auffassung hängen alle Körperfunktionen von
der Ver- und Entsorgung durch das Gefäß- und Nervensystem ab. Im Falle von
Störungen versuche der Körper, diese zu beseitigen oder zu kompensieren, so dass
es ohne Einwirkung von außen grundsätzlich zu einer Selbstheilung komme. Die
Osteopathie zielt darauf ab, diese Selbstheilung zu aktivieren und zu fördern.
Hauptanwendungsbereich der Osteopathie ist dabei der sog. parietale Bereich, der
die Muskulatur und das Bindegewebe betrifft, weshalb die Osteopathie im
Allgemeinen als Bestandteil und Erweiterung der Manuellen Medizin angesehen
wird. Daher sind, soweit es für einige Bereiche der osteopathischen Befunderhebung
und Therapie sowie bestimmte Techniken eine relevante Anzahl wissenschaftlicher
Arbeiten gibt, diese in die Manuelle Medizin eingeflossen und z.B. Bestandteil der
ärztlichen Zusatzweiterbildung "Manuelle Therapie/Chirotherapie". Hinsichtlich der
Wirksamkeit/Effektivität osteopathischer Behandlungen liegen zuverlässige
Aussagen im Übrigen nur bei wenigen Erkrankungsbildern vor (im Wesentlichen
chronische Schmerzsyndrome der Wirbelsäule).
Die zur Untersuchung angewandten befunderhebenden und therapeutischen
Techniken entsprechen der Erhebung von Befund- und Symptomkonstellationen auf
der Ebene der Körperfunktionen und -strukturen und beruhen primär auf einer
palpatorischen Befunderhebung, das heißt einer Untersuchung des Körpers durch
Betasten. Eine Krankheitsdiagnose unter Einbeziehung der Differentialdiagnostik
wird hingegen nicht gestellt, wäre aber im Hinblick auf mögliche Kontraindikationen
zwingend, so dass aus diesem Grund Osteopathie nur auf Verordnung durchgeführt
werden sollte.
Vor diesem Hintergrund besteht die Einschätzung, dass es sich bei der Osteopathie
um einen medizinischen Behandlungsansatz handelt, der dem Bereich der
Manuellen Medizin zuzuordnen ist, dessen Wirksamkeit im Bereich des
Bewegungssystems teilweise belegt werden kann und der vorherigen ärztlichen
Befundung und Entscheidung bedarf. Ein tragfähiger Anspruch zur Regelung eines
eigenständigen Heilberufs mit primärem Patientenkontakt, der neben dem Arzt
gleichberechtigt in das deutsche Gesundheitssystem eingegliedert werden kann,
lässt sich aus diesen Erkenntnissen nicht ableiten. Die bestehenden rechtlichen
Regelungen, die einen Zugang zur Ausübung von Osteopathie über die ärztliche
Approbation, die Heilpraktikererlaubnis oder im Rahmen einer Weiterbildung für
Physiotherapeuten auf der Basis der ärztlichen Verordnung gewähren, sind nach
Ansicht der Bundesregierung ausreichend, um die Patientenversorgung in diesem
Bereich sicherzustellen
Das BMG teilte im Juli 2016 gegenüber dem Petitionsausschuss ergänzend mit, dass
sich die 89. Gesundheitsministerkonferenz u.a. mit der Frage beschäftigt hat, wie im
Bereich der Osteopathie mehr Rechtssicherheit geschaffen werden kann und ob es
dazu einer Reglementierung des Berufsbildes bedarf. Das BMG prüft, wie dem
Anliegen nach mehr Rechtssicherheit Rechnung getragen werden kann.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein weiteres
Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen und empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen.
Begründung (PDF)