12.11.2015, 12:00
Mit ihrer Unterschrift unter der Petition „Halbe/Halbe in Rat und Kreistag: Ändern Sie das Wahlgesetz!“ haben sich 2.427 Menschen dafür ausgesprochen, dass Frauen einen größeren politischen Gestaltungsraum bekommen und Frauen und Männer in den Kommunalver-tretungen in Niedersachsen gleichberechtigt Politik machen. Die Initiatorinnen – der Landesfrauenrat Niedersachsen e.V., die lag kommunaler Frauenbüros Niedersachsen und Gleichberechtigung und Vernetzung e.V. – übergaben am 11. November 2015 das Unterschriftenpaket an den Niedersächsischen Landtagspräsidenten Bernd Busemann (CDU).
Die Botschaft ist klar. Die Landesregierung muss endlich ihr Versprechen aus dem Koaliti-onsvertrag einlösen und eine Umsetzung entsprechend dem französischen Paritätsgesetz prüfen. Wenn bei der Kommunalwahl 2016 die paritätische Verteilung der Mandate funktio-nieren soll, muss das Niedersächsische Kommunalwahlgesetz (NKWG) jetzt angefasst werden.
Politik ist glaubwürdiger, wenn Frauen und Männer daran gleichermaßen beteiligt sind. Doch bisher dominieren in der Kommunalpolitik vor allem Männer: Nach den niedersächsischen Kommunalwahlen 2011 entfielen 26,8 Prozent der Sitze in den Kreistagen und kreisfreien Städten auf Frauen, in den übrigen Stadt- und Gemeinderäten waren es nur 22,6 Prozent. Der Frauenanteil in der Kommunalpolitik beträgt demnach gerade einmal ein Viertel. Damit bleiben die Anliegen, Sichtweisen und Erfahrungen von Frauen im unmittelbaren Lebensumfeld in der Kommune stark unterrepräsentiert.
Die Unterzeichnenden der Petition sind sich einig: Politik muss von Frauen und Männern in gleichem Maße gestaltet werden, damit alle gesellschaftlichen Themen erfasst werden. Eine Änderung des Wahlgesetzes könnte Frauen verstärkt ermutigen, sich in den politischen Dis-kurs und Entscheidungsprozess produktiv einzumischen. Das Wissen und Können von Frauen, die mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung sind, wird dringend gebraucht.
Das französische „Paritätsgesetz“ legt fest, dass bei allen Listenwahlen 50 Prozent Frauen aufzustellen sind und die Kandidatinnen und Kandidaten auf allen Wahllisten strikt abwech-selnd gereiht sein müssen. Wahllisten ohne Parität sind ungültig. Zusätzlich müssen in Wahlkreisen ebenfalls 50 Prozent Frauen als Direktkandidatinnen aufgestellt werden. Parteien, die nicht jeweils zur Hälfte weibliche und männliche Wahlkreiskandidaturen haben, müssen ein Bußgeld zahlen. Das Gesetz führte zu einer sprunghaften Erhöhung des Frauenanteils in den Kommunalparlamenten. In Deutschland gibt es in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt erste Versuche, den Frauenanteil bei Mandaten und Wahlämtern per Gesetz zu erhöhen.
Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen muss jetzt handeln: In ihrem Koalitionsvertrag hat sie zugesagt, zu prüfen, ob das französische Gesetz auf Landes- und kommunaler Ebene entsprechend umgesetzt werden kann. Dieses Versprechen muss nun endlich eingelöst werden. Die meisten Parteien hierzulande haben Erfahrungen mit Quotierungen und paritätischen Wahllisten. Auf diese Praxis kann zurückgegriffen werden, um ein Modell speziell für Niedersachsen zu entwickeln. Den Initiatorinnen ist besonders wichtig, die Kandidatur in aussichtsreichen Wahlkreisen zu quotieren. Mit Hilfe des vorherigen Wahlergebnisses kann bestimmt werden, welcher Wahlkreis als aussichtsreich gilt.
Die Petition wurde am 11. November 2015 an den Niedersächsischen Landtagspräsidenten Bernd Busemann übergeben. Der Präsident bedankte sich für das Engagement und lobte den wichtigen Einsatz für eine lebendige Demokratie. Er kündigte eine Prüfung durch den Landtag an.