06.07.2016, 12:14
Pet 3-17-17-2162-021002Gleichstellungsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 23.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition soll eine gesetzliche Regelung erreicht werden, dass Aufsichtsräte und
Vorstände zu mindestens 30 Prozent mit Frauen besetzt sein müssen.
Es wird darauf hingewiesen, dass in Führungspositionen von Unternehmen kaum
Frauen vertreten seien. Freiwillige Selbstverpflichtungen führten nicht zum Ziel. Dies
hätten andere Länder erkannt und erfolgreich Frauenquoten eingeführt. Studien hätten
ergeben, dass die Einführung einer Frauenquote positive Auswirkungen auf die
Wirtschaft hätte. Frauen würden, da sie eine andere Sichtweise einbringen würden,
die Wirtschaftswelt und die Politik mit neuen Ideen bereichern. Auch gebe es
ausreichend qualifizierte Frauen. Diese bräuchten jedoch die Möglichkeiten, ihre
Qualifikationen unter Beweis zu stellen. Eine verpflichtende Regelung sei daher
erforderlich.
Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die auf den Internetseiten des Deutschen
Bundestages eingestellt und diskutiert wurde. 2111 Mitzeichnende haben das
Anliegen unterstützt. Weiterhin haben den Petitionsausschuss 5 weitere Petitionen
erreicht, die dieses Anliegen zum Gegenstand haben. Diese Petitionen werden mit der
vorliegenden öffentlichen Petition gemeinsam behandelt. Es wird um Verständnis
dafür gebeten, dass möglicherweise nicht alle vorgetragenen Gesichtspunkte
dargestellt werden.
Der Petitionsausschuss hat im Rahmen seiner parlamentarischen Prüfung gemäß
§ 109 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages mehrmals
eine Stellungnahme des Rechtsausschusses eingeholt. Dies ist erforderlich, wenn die
Petition einen Gegenstand der Beratung eines Fachausschusses betrifft. Dieses
Verfahren stellt sicher, dass der Petitionsausschuss bei seinen Entscheidungen die
Erfahrungen und Erkenntnisse der Fachausschüsse einbeziehen kann und der
Fachausschuss seine Entscheidungen in Kenntnis der vorliegenden Petition trifft.
Gegenstand der Beratung im Rechtsausschuss waren die Bundestags-Drucksache
17/3296, Bundestags-Drucksache 17/4683 und Bundestags-Drucksache 17/4842.
Weiterhin behandelte der Rechtsausschuss mehrere Gesetzentwürfe zu der Thematik
(Bundestags-Drucksache 17/8878, Bundestags-Drucksache 17/11139 und
Bundestags-Drucksache 17/11270). In der 18. Wahlperiode holte der
Petitionsausschuss erneut eine Stellungnahme des Ausschusses für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend ein, da die Petition den Gesetzentwurf der
Bundesregierung für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an
Führungspositionen in der Privatwirtschaft und dem Öffentlichen Dienst (Bundestags-
Drucksache 18/3784, 18/4053) und den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und
Führungsebenen (Bundestags-Drucksache 18/1878) betraf. Der Petitionsausschuss
hat im Rahmen seiner parlamentarischen Prüfung der Bundesregierung zudem
Gelegenheit gegeben, ihre Haltung zu dem Anliegen darzustellen. Die Prüfung des
Petitionsausschusses hatte das im Folgenden dargestellte Ergebnis:
Der Anteil weiblicher Führungskräfte in Spitzenpositionen der Deutschen Wirtschaft
und der Bundesverwaltung ist weiterhin gering. Aktuell liegt der Frauenanteil in
Aufsichtsräten der 200 größten Unternehmen in Deutschland bei 18,4 Prozent, der
Frauenanteil in den Vorständen beträgt 5,4 Prozent.
Der in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) niedergelegte
Gleichberechtigungsgrundsatz von Frauen und Männern ist damit auch heute noch
nicht verwirklicht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zahl
qualifizierter Frauen in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig zugenommen
hat. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG hat der Staat die tatsächliche Gleichberechtigung
von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hinzuwirken.
Die in den vergangenen Jahren seitens der Politik initiierten freiwilligen
Selbstverpflichtungen der Unternehmen haben nicht die gewünschte Wirkung erzielt
und zu keiner nennenswerten Erhöhung des Frauenanteils an Führungspositionen
geführt. Dasselbe gilt für die Empfehlungen im Deutschen Corporate Governance-
Kodex (DCGK) für börsennotierte Aktiengesellschaften, nach denen bei der Besetzung
von Vorstand und Aufsichtsrat stärker auf Vielfalt und auf eine angemessene
Beteiligung von Frauen an Führungspositionen und im Vorstand zu achten ist.
Deshalb waren, wie mit der Petition gefordert, gesetzliche Regelungen unumgänglich,
die den Anteil an Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft, in der
Bundesverwaltung, in den Gerichten des Bundes sowie in den Gremien im
Einflussbereich des Bundes signifikant erhöhen. Nur so kann das verfassungsrechtlich
verankerte Grundrecht auf gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern auch
für den Bereich der Führungspositionen erfüllt werden.
Das am 6. März 2015 verabschiedete Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von
Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im
Öffentlichen Dienst basiert auf 3 Säulen:
1. Einer Geschlechterquote von mind. 30 Prozent für Aufsichtsräte börsennotierter und
voll mitbestimmungspflichtiger Unternehmen,
2. der Festlegung von Zielgrößen für Aufsichtsräte, Vorstände und oberste
Managementebenen für börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen und
3. der Novellierung der gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst des
Bundes (Bundesgremienbesetzungsgesetz und Bundesgleichstellungsgesetz).
Die Bedeutung des Gesetzes geht weit über die Besetzung von Führungspositionen
hinaus. In gut 100 großen Unternehmen werden in Zukunft 30 Prozent Frauen im
Aufsichtsrat vertreten sein. Die Verpflichtung des Gesetzes, eine vergleichsweise
kleine Zahl von Frauen zu Aufsichtsräten zu machen, entfaltet dadurch Wirkung für
eine vergleichsweise größere Zahl von Frauen, denn in den betroffenen Unternehmen
arbeiten mehrere Millionen Menschen. Mindestens 3500 Unternehmen mit weiteren
Millionen weiblicher Beschäftigter müssen sich durch eine Zielgrößenverpflichtung mit
ihrer Unternehmenskultur und den Chancen von Frauen auseinandersetzen.
Nach den Ausführungen der Bundesregierung unterstützt diese mit einer Vielzahl von
untergesetzlichen Maßnahmen die vom Gesetz unmittelbar getroffenen, aber auch die
vom Gesetz nicht erfassten Unternehmen dabei, den Frauenanteil in
Führungspositionen zu erhöhen. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, den Boden für
einen notwendigen Kulturwandel in der Arbeitswelt zu bereiten. Dieser soll Frauen und
Männern, z. B. bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zugutekommen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, da
dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.
Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der
Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Begründung (pdf)