06.07.2016, 12:17
Pet 1-18-09-751-007913
Energiewirtschaft
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, einen kostengünstigen Energiesondertarif für
Menschen mit geringem Einkommen einzuführen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 184 Mitzeichnungen und 165 Diskussionsbeiträge
sowie eine weitere sachgleiche Eingaben vor. Sie werden einer gemeinsamen
parlamentarischen Prüfung unterzogen. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht
auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird vorgetragen, durch Medienberichte dürfte
bekannt sein, dass jährlich vielen Haushalten aufgrund von Zahlungsunfähigkeit
Strom, Gas und Wasser abgestellt werde. Gründe dafür seien die künstlichen
Verteuerungen bei den Strompreisen und die „unsinnige“ EEG-Umlage, die die
Energielieferanten auf die Verbraucher umlegten. Hier müsse der Staat regulierend
eingreifen, denn Energie sei Teil der Daseinsfürsorge, zu deren Umsetzung der Staat
verpflichtet sei. Einerseits kürze dieser massiv bei den Sozialsystemen, anderseits
gestatte er den gewinnträchtigen Energieversorgern, ihre Kosten auf die Verbraucher
abzuwälzen. Die Petition solle dazu beitragen, dass Menschen mit wenig Geld, wie
z. B. Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch, Aufstocker und
Geringverdiener, nicht weiter in die Schuldenfalle gezwungen würden. Werde die
Energieversorgung mangels Zahlung eingestellt, müssten diese wie in der Steinzeit
leben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung und des
Wirtschaftsausschusses angeführten Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass Stromanbieter wie auch
Unternehmen aus anderen Branchen im Rahmen der marktwirtschaftlichen
Wirtschaftsordnung in ihrer Preissetzung im Grundsatz frei sind. In Deutschland gibt
es keine allgemeine, gesetzlich angeordnete Preishöhenkontrolle für
Endverbraucherpreise, denn die Stromlieferanten stehen im Wettbewerb zueinander
und Stromverbraucher können ggf. zu einem günstigeren Lieferanten wechseln.
Soweit eine marktbeherrschende Stellung vorliegt, gelten die kartellrechtlichen
Vorschriften zur Preismissbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen.
Die Strompreise sollen sich im Grundsatz auf einem für Wettbewerb offenen Markt
bilden und nicht durch staatliche Vorgaben geprägt sein. Auch die Vorgabe von
Tarifstrukturen für im Wettbewerb tätige Stromlieferanten, wie sie mit der Petition
vorgeschlagen wird, ist eine Regulierung, die auf den für Wettbewerb geöffneten
Strommarkt einwirkt. Vor diesem Hintergrund bedarf es unter anderem einer
kritischen Prüfung, ob solche staatliche Vorgaben tatsächlich erforderlich und
geeignet wären oder sich Angebotsdifferenzierungen, die ggf. auch auf
unterschiedliche Kundenbedürfnisse eingehen, in geeigneterer Weise im Markt
selbst ergeben.
Der Strompreis für Haushaltskunden bildet sich aus verschiedenen
Kostenbestandteilen, die der Stromkunde über seine Stromrechnung bezahlt.
Grundsätzlich sind drei Gruppen von Preisbestandteilen unterscheidbar: der auf
Stromerzeugung und Vertrieb entfallende Anteil, die regulierten Netzentgelte und die
sog. staatlich veranlassten Preisbestandteile (Steuern, Wegenutzungsentgelte,
Umlagen nach EEG, KWK-Gesetz, Offshore-Haftungs-Umlage und § 19 StromNEV).
Nach dem Monitoringbericht 2015 der Bundesnetzagentur und des
Bundeskartellamtes setzte sich zum Stichtag 1. April 2015 ein durchschnittlicher
Endpreis von ca. 29,11 Cent/kWh für die Strombelieferung von Haushaltskunden im
Durchschnitt aus folgenden Preisbestandteilen zusammen:
Energiebeschaffungskosten und Vertrieb 26,0%,
Netzentgelte einschließlich Messung (geht im Regelfall an Netzbetreiber) 22,6%,
EEG-Umlage 21,2%,
Umlage nach Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 0,9%,
Umlage nach § 19 Stromnetzentgeltverordnung 0,8%,
Wegenutzungsentgelte an Kommunen 5,6%,
Stromsteuer 7%,
Mehrwertsteuer 16%.
Dies bedeutet, dass sich der Strompreis für Haushaltskunden im allgemeinen
Durchschnitt zu mehr als zwei Dritteln aus Preisbestandteilen zusammensetzt, die
nicht zur Disposition des Lieferanten stehen.
Vor diesem Hintergrund stehen den privaten Haushalten verschiedene Möglichkeiten
offen, um zusätzlichen Kostenbelastungen zu begegnen. Zum einen können sie die
Möglichkeiten des Wettbewerbes nutzen und prüfen, welche Einsparpotenziale sich
aus einem Lieferantenwechsel ergeben könnten. Zum anderen können die
Privatverbraucher prüfen, welche Energieeinsparpotenziale noch bestehen, um auf
diese Weise höhere Preise für die gelieferte Kilowattstunde durch einen niedrigeren
Verbrauch zu kompensieren. Dazu kann zum Beispiel das bestehende Angebot der
von Verbraucherzentralen angebotenen Energieberatung für private Haushalte
genutzt werden. Diese werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
gefördert. Für Haushalte mit geringem Einkommen sind die Angebote bei
entsprechendem Nachweis kostenfrei. Speziell an Bezieher von ALG II, Sozialhilfe
oder Wohngeld richtet sich die „Aktion StromsparCheck" von Caritas und eaD
(Bundesverband der Energie- und Klimaagenturen), im Internet unter
www.stromspar-check.de abrufbar.
Abschließend weist der Ausschuss auf die Antwort der Bundesregierung auf eine
Kleine Anfrage einer Fraktion (Drucksache 18/6936) hin, die im Internet unter
www.bundestag.de eingesehen werden kann.
Der Petitionsausschuss empfiehlt vor dem Hintergrund der Ausführungen, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Der von der Fraktion DIE LINKE. gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung -
dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales - als Material zu überweisen, soweit
die Petition darauf aufmerksam macht, dass auch einkommensschwache Haushalte
in die Lage versetzt werden, dass sie Energieversorgungsleistungen finanzieren
können, und. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen, ist mehrheitlich
abgelehnt worden.
Begründung (pdf)