29.08.2017, 16:48
Pet 1-17-09-750-030199
Bergbau
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 04.12.2014 abschließend beraten und
beschlossen:
Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und
dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – als
Material zu überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben.
Begründung
Mit der Petition soll ein Verbot der Fracking-Technologie erreicht werden.
Die Eingabe wurde auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht.
Es gingen 1 978 Mitzeichnungen, 22 Diskussionsbeiträge sowie zahlreiche Eingaben
mit verwandter Zielsetzung und rund 14.000 Unterschriften ein. Die Eingaben werden
wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung
unterzogen. Der Petitionsausschuss bittet um Verständnis, dass nicht auf alle
angesprochenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, Fracking berge die Gefahr der
Verseuchung des Grundwassers. Es fehle an einer Publikationspflicht hinsichtlich
verwendeter Chemikalien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu den Eingaben darzulegen.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung seitens
der Bundesregierung angeführter Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss macht darauf aufmerksam, dass die Materie wie bereits in
der 17., auch in der 18. Legislaturperiode Gegenstand intensiver parlamentarischer
Beratungen ist. Die entsprechenden Dokumente können unter www.bundestag.de
eingesehen werden.
Der Ausschuss betont zunächst, dass er die Sorgen der Bevölkerung hinsichtlich des
unkonventionellen Frackings sehr ernst nimmt. Der Schutz von Trinkwasser und
Gesundheit hat absoluten Vorrang.
Darüber hinaus begrüßt der Petitionsausschuss, dass sich die Bundesregierung klar
zum Fracking positioniert hat. Anders als häufig dargestellt, gibt es in Deutschland
bereits jetzt hohe Anforderungen an Fracking, die über die allgemeinen Regeln des
Berg- und Umweltrechts greifen. Nach geltendem Recht muss bei allen
Erdgaserkundungen sichergestellt sein, dass keine Substanzen oder Verfahren zum
Einsatz kommen, die negative Auswirkungen auf Grund- oder Trinkwasser haben.
Ausdrücklich abgelehnt werden der Einsatz umwelttoxischer Additive und die
Verpressung des sogenannten Flowbacks mit umwelttoxischen Stoffen in
Versenkbohrungen.
Da die Auswirkungen der Technologie bei der Gewinnung von Erdgas aus
unkonventionellen Lagerstätten auf Mensch, Natur und Umwelt noch nicht
hinreichend geklärt sind, erwartet der Ausschuss von der Bundesregierung, unter
Einbeziehung der Länder und der Wissenschaft einen Prozess anzustoßen, um eine
ausreichende wissenschaftliche Grundlage zu schaffen.
Bereits die Aufsuchung von Erdgas ist nach § 6 Satz 1 Bundesberggesetz (BBergG)
erlaubnisbedürftig. Die Gewinnung bedarf gemäß § 8 BBergG einer Bewilligung. So
wird bundesweit jede Tiefenbohrung nach Bergrecht überwacht. Zuständig sind die
Bergbaubehörden der Länder, die auf der Grundlage des Bundesberggesetzes und
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben
entscheiden. Alle Aspekte des Einzelfalls sind unter Einbeziehung der Belange der
Umwelt, des Bergbaus und der Grundeigentümer zu berücksichtigen. Neben der
bergrechtlichen Erlaubnis ist regelmäßig eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter
Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen.
Für Tiefenbohrungen unter Einsatz der Fracking-Technologie wird ferner eine
wasserrechtliche Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz benötigt. Durch
die verschiedenen Genehmigungsverfahren herrscht ein hohes Schutzniveau für
Grundwasser und Boden.
Jetzt werden zusätzliche Spezialregelungen geschaffen, die nochmals strenger sind.
Ziel der Verschärfungen im Wasser- und Bergrecht ist es, den potenziellen Risiken
des Fracking umfassend zu begegnen. Am 4. Juli 2014 haben das
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) Eckpunkte für diese
Regelungen vorgelegt. Das BMWi erarbeitet die notwendigen bergrechtlichen
Änderungen in der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
bergbaulicher Vorhaben und der Allgemeinen Bundesbergverordnung, das BMUB ist
für die wasser- und naturschutzrechtlichen Änderungen im Rahmen des
Wasserhaushalts- und des Bundesnaturschutzgesetzes zuständig. Sobald die
Ressortabstimmung erfolgt ist, werden die Länder und Verbände Gelegenheit zur
Stellungnahme erhalten.
Diesen Eckpunkten liegt ein technologischer Ansatz zu Grunde. Somit wird zwischen
jahrzehntelangen Erfahrungen bei der Anwendung der Fracking-Technologie in
Deutschland, dem sog. „konventionellen Fracking“ in dichten Sandsteinen und
Karbonaten/Kalksteinen zur „Tight Gas“ Gewinnung sowie neuen Möglichkeiten zur
Anwendung dieser Technologien in Kohleflöz- und Schiefergesteinsformationen ohne
entsprechende Erfahrungen in Deutschland, dem sog. „unkonventionelles Fracking“
unterschieden.
Wie in den Eckpunkten festgelegt, wird es das „unkonventionelle Fracking“ zur
Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas oberhalb von 3.000 Metern zu
wirtschaftlichen Zwecken durch das Wasserhaushaltsgesetz verboten werden, da die
damit verbundenen Risiken derzeit nicht abschätzbar sind. Wissenschaftlich
begleitete Erprobungsmaßnahmen sollen unter sehr strengen Voraussetzungen,
z. B. darf die eingesetzte Frackflüssigkeit nicht wassergefährdend sein, aber möglich
sein. Möglicherweise wird Fracking in Schiefer- und Kohleflözgesteinen also nicht auf
alle Ewigkeit ausgeschlossen, wenn hierfür umweltschonende Verfahren entwickelt
werden oder neue Erkenntnisse zur Risikoeinschätzung vorliegen.
Zur Rechtfertigung eines Verbotes der Fracking-Technologie sieht die
Bundesregierung es als erforderlich an, dass neben dem Kriterium des Gesteins, in
dem Fracking-Maßnahmen verboten werden sollen, noch das Kriterium der Tiefe der
Bohrung hinzutritt. Die 3.000-Meter-Grenze wurde gewählt, um ein klares Kriterium
mit eindeutig ausreichendem Abstand zum für den menschlichen Gebrauch
nutzbaren, nicht durch natürliche Verunreinigung (z. B. Salze) belasteten und am
Wasserkreislauf der Biosphäre teilnehmenden Grundwasser festzulegen. Dieses
nutzbare Grundwasser befindet sich in wesentlich höheren Gesteinsschichten
oberhalb der 3.000-Meter-Grenze.
Es ist geplant, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis 2021 einen
Bericht, gemeinsam erarbeitet von den zuständigen Ressorts, zu den
Erprobungsmaßnahmen vorlegt. Auf Grundlage des bis dahin erlangten Stands von
Wissenschaft und Technik zur Fracking-Technologie, wird der Deutsche Bundestag
entscheiden, ob das Verbot fortbestehen soll. Dazu gehören insbesondere
technische Fragen der Auswirkungen von Fracking-Maßnahmen, einschließlich der
Tiefbohrungen und der dabei eingesetzten Stoffe, auf die Umwelt und den
Untergrund sowie Fragen der Behandlung und Entsorgung der Rückflüsse
einschließlich des Lagerstättenwassers. Grundlage für diesen Bericht sollen
gegebenenfalls insbesondere die Ergebnisse der unabhängigen wissenschaftlichen
Begleitung der Forschungsprojekte sein.
Für das schon bisher praktizierte konventionelle Fracking in konventionellen
Lagerstätten, dem „Tight Gas“, werden die Anforderungen stark verschärft und die
Verbotsgebiete ausgeweitet. Solche Vorhaben sind seit den 1960er Jahren
ca. 320-mal durchgeführt worden und dürfen schon heute und nach derzeit
geltendem Berg- und Wasserrecht keine Gefahr für die Gesundheit und das
Trinkwasser hervorrufen. Auch hier verfügt Deutschland über bereits sehr hohe
Standards. Der Ausschuss weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der
Bundesregierung derzeit keine Tight Gas-Lagerstätten in Deutschland bekannt sind,
die oberhalb von 3.000 Metern liegen.
Der Ausschuss ergänzt, dass das Umweltbundesamt (UBA) am 30. Juli 2014 den
zweiten Teil einer in Auftrag gegebenen Studie zum Fracking in
Schiefergaslagerstätten vorgestellt hat. Die in dem Gutachten benannten Risiken und
der daraus resultierende gesetzliche Anpassungsbedarf sind im Eckpunktepapier
bereits bedacht und werden nun in einem nächsten Schritt im Gesetzentwurf
konkretisiert. Dies betrifft u. a. die im Gutachten benannten Risiken, die ein
Grundwasser-Monitoring, spezielle Regelungen zum Umgang mit Rückflüssen und
Lagerstättenwasser, die Einführung einer umfassenden UVP sowie die
Notwendigkeit einer Erprobungsmaßnahme erforderlich machen.
Nach Auffassung des Petitionsausschusses muss der Rechtsrahmen die
technologischen Entwicklungen abbilden. Um Gefahren jedoch auszuschließen,
sollte die Technologie stets nur unter der Voraussetzung angewendet werden dürfen,
dass sie sicher und umweltverträglich ist; wobei dem Schutz des Trinkwassers
oberste Priorität zukommen muss.
Der Ausschuss empfiehlt im Ergebnis seiner parlamentarischen Prüfung, die Petition
der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – als
Material zu überweisen und sie den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur
Kenntnis zu geben.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung – dem BMWi und dem BMUB – zur
Erwägung zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur
Kenntnis zu geben, ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (PDF)