08.06.2017, 13:14
Abdullah Aydik
Arbeitszeit
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 30.06.2011 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
wird.
Begründung
Der Petent fordert flexible Pausenzeiten für praktizierende Gläubige, damit diese ihr
Gebet verrichten und somit ihren Glauben auch bei der Arbeit ausüben können.
Zur Begründung führt der Petent
im Wesentlichen an, dass ein praktizierender
Moslem im Tagesverlauf diverse Gebete verrichten müsse, die Gebete aus religiösen
Gründen jedoch oftmals nicht mit Pausenzeiten in Betrieben übereinstimmten.
des
Internetseite
der
auf
öffentliche Petition
als
Die Eingabe wurde
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 83 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 421 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss
des
eine Stellungnahme
der Eingabe
zu
hat
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingeholt. Darin erläutert das
BMAS im Wesentlichen die geltende Rechtslage und führt weiter aus, dass die
Bundesregierung keinen Handlungsbedarf für eine gesetzliche Änderung sehe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Petenten eingereichten
Unterlagen Bezug genommen.
In seiner parlamentarischen Prüfung kommt der Petitionsausschuss zu folgendem
Ergebnis:
Allgemeine Vorgaben zu den Ruhepausen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
sind in § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) enthalten. Die Mindestdauer der Ruhepausen
ist nach der Dauer der Arbeitszeit gestaffelt und beträgt bei einer Arbeitszeit von
mehr als 6 bis zu 9 Stunden 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als
9 Stunden 45 Minuten, wobei die Ruhepausen nach § 4 Satz 2 ArbZG in
Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden können.
Arbeitnehmerinnen
6 Stunden
als
länger
nicht
dürfen
und Arbeitnehmer
hintereinander ohne Pause beschäftigt werden. Zudem muss die Ruhepause im
Voraus feststehen. Damit wird sichergestellt, dass der Arbeitnehmer sich auf die
Pause einrichten und sie damit auch wirklich zur Erholung nutzen kann. Erforderlich
ist, dass spätestens zu Beginn der Arbeitsunterbrechung auch deren Dauer feststeht.
Des Weiteren ist eine Ruhepause eine Arbeitsunterbrechung vor und nach der
gearbeitet wird. Pausen dürfen daher nicht erst am Ende der Arbeitszeit gewährt
werden.
Während der Ruhepause dürfen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht
beschäftigt werden, sie sind vielmehr von der Arbeit
im
freigestellt. Es steht
Ermessen der Beschäftigten, wie sie die ihnen zur Verfügung stehende Zeit
gestalten.
§ 7 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, in einem Tarifvertrag
oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung
zuzulassen, die Gesamtdauer der Ruhepausen in Schicht- und Verkehrsbetrieben
abweichend von § 4 Satz 2 ArbZG auf Kurzpausen von angemessener Dauer
aufzuteilen.
Kurzpausen i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG sind, sofern sie die allgemeinen
Anforderungen an eine Pause erfüllen, Ruhepausen i.S.v. § 4 ArbZG und keine
Arbeitszeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG. Durch die Gewährung solcher Kurzpausen
erfüllt der Arbeitgeber
seine gesetzliche Verpflichtung aus § 4 ArbZG
(Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 13.10.2009, Az.: 9 AZR 139/08). Diese Kurzpausen
sind mit dem Zweck gesetzlicher Ruhepausen zu vereinbaren.
Für eine Religionsausübung, die nur während der Arbeitszeit wahrgenommen
werden kann, kommt ein Anspruch des Arbeitnehmers auf unbezahlte Freistellung
von der Arbeitsleistung nach § 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und § 241
Abs. 2 BGB i. V. m. Artikel 4 Abs. 2 Grundgesetz (GG) in Betracht. Danach muss der
Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht erbringen, wenn sie ihm unter Abwägung
seines Interesses mit den Interessen des Arbeitgebers nicht zugemutet werden kann.
Davon ist im Lichte des Grundrechts auf ungestörte Religionsausübung (Artikel 4
Abs. 2 GG i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB) nach überwiegender Auffassung regelmäßig
auszugehen, wenn die Ausübung religiöser Pflichten nur während der Arbeitszeit
möglich ist. Bei der Frage der Unzumutbarkeit sind auch die betrieblichen Belange zu
berücksichtigen und gegen die Interessen der Arbeitnehmerin oder des
Arbeitnehmers abzuwägen. Ein Freistellungsanspruch besteht daher nicht, wenn
dem Arbeitgeber eine sich aus der Arbeitsbefreiung ergebende Störung des
Betriebsablaufs nicht mehr zumutbar ist. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber bei
seiner
Allgemeinen
des
Vorschriften
die
Freistellungsentscheidung
Gleichbehandlungsgesetzes zu beachten. Danach dürfen Arbeitnehmer nicht wegen
ihrer Religion ungerechtfertigt benachteiligt werden (§ 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG).
Nach § 616 BGB hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung (bezahlte
Freistellung) von der Arbeit, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit
durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der
Arbeitsleistung verhindert ist. Eine solche Verhinderung liegt auch dann vor, wenn
der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer die Erbringung der geschuldeten
Arbeitsleistung auf Grund seiner religiösen Pflichten unzumutbar ist. Der Anspruch
auf bezahlte Freistellung nach § 616 BGB kann allerdings einzel- oder tarifvertraglich
ausgeschlossen werden.
der Bundesländer
können moslemische
Nach
einigen Feiertagsgesetzen
Arbeitnehmer
unbezahlte
(stundenweise)
zeitweilige
auf
einen Anspruch
Arbeitsfreistellung zur Religionsausübung haben, so zur Teilnahme am Morgengebet
an den islamischen Feiertagen, zum Fest des Fastenbrechens und zum Opferfest.
Arbeitgeber müssen z. B. nach dem Gesetz über Sonn- und Feiertage des Landes
Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. April 1989 (GVBl.
NW S. 222), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 1994 (GVBl. NW S.
1114) den in einem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis stehenden
Angehörigen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft an kirchlichen
Feiertagen Gelegenheit zum Besuch des Gottesdienstes geben. Die Verpflichtung
des Arbeitgebers zur Arbeitsfreistellung entfällt, wenn nicht aufschiebbare oder im
allgemeinen Interesse vordringliche Aufgaben zu erledigen sind (§ 8 Abs. 2). Nach
der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung sind kirchliche Feiertage im Sinne dieses
Gesetzes die Feiertage, die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften
begangen werden, also auch z.B. die islamischen Feiertage beim Opferfest und Fest
des Fastenbrechens.
Der Petitionsausschuss stellt fest, dass das Anliegen des Petenten in Teilen bereits
der derzeitigen Rechtslage entspricht. Er hält die geltende Rechtslage für
sachgerecht und vermag sich nicht für eine weitergehende Gesetzesänderung im
Sinne des Petenten auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen des Petenten durch die Rechtslage bereits teilweise entsprochen wird.