06.07.2016, 12:16
Pet 4-18-11-800-013833Arbeitsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 23.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Die Petentin fordert, dass Arbeitnehmer zur Betreuung von schwer erkrankten
Angehörigen im Jahr zehn freie Tage gewährt bekommen.
Zur Begründung trägt die Petentin im Wesentlichen vor, für die Inanspruchnahme der
Pflege- und Familienzeit benötige der erkrankte Angehörige eine Pflegeeinstufung. Bei
akuten Erkrankungen werde diese zunächst nicht gewährt. Dennoch benötige der
Erkrankte die Betreuung. Diese könne der berufstätige Angehörige mit seinem
Urlaubsanspruch allein nicht abdecken. Unbezahlten Urlaub oder Sonderurlaub
müsse der Arbeitgeber nicht gewähren. Daher fordere sie analog zu den zehn freien
Tagen für die Eltern zur Betreuung von erkrankten Kindern einen gesetzlichen
Anspruch für betreuende Angehörige.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 288 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 23 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Nach dem Pflegezeitgesetz haben nahe Angehörige das Recht, ihrer Beschäftigung
bis zu zehn Tagen fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um einen
Pflegebedürftigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte
Pflege zu organisieren oder pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.
Für größere Betriebe sieht das Pflegezeitgesetz die Möglichkeit einer längeren
Freistellung vor.
Entgegen der Annahme der Petentin, dass die Pflegestufe bereits gewährt werden
musste, reicht es nach § 7 Absatz 4 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes aus, dass die nach
dem Elften Buch Sozialgesetzbuch geforderten Voraussetzungen für die
Pflegebedürftigkeit voraussichtlich erfüllt werden. Dazu sind Tatsachen erforderlich,
die darauf schließen lassen, dass der Eintritt einer Pflegebedürftigkeit überwiegend
wahrscheinlich ist.
Befindet sich der Antragsteller im Krankenhaus oder in einer stationären
Rehabilitationseinrichtung und wird die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem
Pflegezeitgesetz oder Familienpflegezeit nach dem Familienpflegezeitgesetz
beabsichtigt, ist die Begutachtung dort unverzüglich, spätestens innerhalb einer
Woche nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchzuführen;
die Frist kann durch regionale Vereinbarungen verkürzt werden. Die verkürzte
Begutachtungsfrist gilt auch dann, wenn der Antragsteller sich in einem Hospiz
befindet oder ambulant palliativ versorgt wird.
Befindet sich der Antragsteller in häuslicher Umgebung, ohne palliativ versorgt zu
werden, und wurde die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz
gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt oder mit dem
Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des
Familienpflegezeitgesetzes vereinbart, ist eine Begutachtung durch den
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder die von der Pflegekasse
beauftragten Gutachter spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des
Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchzuführen und der Antragsteller seitens
des MDK oder der von der Pflegekasse beauftragten Gutachter unverzüglich schriftlich
darüber zu informieren, welche Empfehlung der MDK oder die von der Pflegekasse
beauftragten Gutachter an die Pflegekasse weiterleiten.
Begleitend zu diesen Regelungen sieht das Gesetz Fristen für die Überprüfung des
Antrags auf Pflegebedürftigkeit durch den MDK oder die von der Pflegekasse
beauftragten Gutachter vor. So ist dem Antragsteller spätestens fünf Wochen nach
Eingang des Antrags die Entscheidung der Pflegekasse schriftlich mitzuteilen.
Daneben gewährt § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bei einer persönlichen
Arbeitsverhinderung einen Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn der Arbeitnehmer
unverschuldet für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner
Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist (§ 616 BGB).
§ 275 Absatz 3 BGB bestimmt, dass eine persönliche Arbeitsverhinderung dann
anzunehmen ist, wenn dem Arbeitnehmer unter Abwägung des entgegenstehenden
Hindernisses mit dem Interesse des Arbeitgebers die Erbringung der Arbeitsleistung
nicht zugemutet werden kann. Zu diesen Fällen zählt auch der von der Petentin
aufgeführte Fall der schwerwiegenden Erkrankung naher Angehöriger.
Der Ausschuss betont auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung
die Bedeutung der häuslichen Pflege, die von den nahen Angehörigen geleistet wird.
Er ist aber der Auffassung, dass das Anliegen der Petentin durch die geltende
Rechtslage bereits erfüllt ist. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen der Petentin entsprochen
worden ist.
Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der
Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales – als Material zu
überweisen, soweit die Petition jährlich 10 freie Tage zur akuten
Betreuung/Pflege/Begleitung von Pflegebedürftigen fordert, und das
Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen, ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (pdf)