03.04.2021, 13:36
Gem. § 16 S.1 der Satzung des Lippischen Heimatbundes (LHB) beschließt der Erweiterte Vorstand über alle Angelegenheiten des Heimatbundes, soweit nicht nach der Satzung andere Organe zuständig sind. Er bestimmt die Richtlinien der Vereinsarbeit (S.2).
Die Rechte der Mitglieder regelt § 12 der Satzung. Sie bestehen in Entgegennahme des Jahresberichts des Erweiterten Vorstandes und dessen Entlastung, der Wahl des Vorstandes u.s.w., der Festsetzung des Jahresbeitrags der Einzelmitglieder, Abstimmung über Satzungsänderungen (mit 2/3 Mehrheit, § 14), und Auflösung des Vereins. Unmittelbar mit der Teilhabe an der Verwirklichung der in § 3 geregelten Ziele des Vereins haben diese Rechte nichts zu tun. Deshalb bestimmt § 12 e , es sei Aufgabe der Mitgliederversammlung, „über sonstige ihr durch den Erweiterten Vorstand, den Geschäftsführenden Vorstand oder den Verbandsausschuss überwiesene, wichtige Angelegenheiten oder über Anträge von Mitgliedern, die jedoch mindestens drei Wochen zuvor beim Geschäftsführenden Vorstand schriftlich eingereicht werden müssen, zu befinden.“
Damit genießt der Erweiterte Vorstand einen erheblichen Vertrauensvorschuss, weil er entscheidet, wann eine „wichtige Angelegenheit“ vorliegt. Liegt aber eine derartige „wichtige Angelegenheit“ vor, besteht die Verpflichtung des Erweiterten Vorstands, die Mitglieder zu beteiligen.
Dass es sich im Falle des Hauses Wehrmann um eine „wichtige Angelegenheit“ im Sinne des § 12 e handelte, ist angesichts des Wertes der vererbten Immobilie evident. Um eine „wichtige Angelegenheit“ handelt es sich aber auch im Hinblick auf die ideellen Ziele des Vereins (… „die Werke der Kultur im heimischen Raum, vornehmlich Bau und Kulturdenkmäler, Friedhöfe, sowie Orts und Stadtbilder zu erforschen, zu schützen, zu erhalten und mitzugestalten“;… auf das künstlerische und bauliche Schaffen der Gegenwart, auf Siedlungsweise, Ortserweiterung, Landschaftsgestaltung und Landesplanung unter Rücksichtnahme auf die überkommene Bauweise, Bauformen und Gegebenheiten der Landschaft Einfluss zu nehmen…“, § 3 ). Dass die Angelegenheit zudem bei breiten Teilen der Öffentlichkeit mit Emotionen verbunden sein würde – wie die derzeit fast 500 Unterschriften unter die Petition zeigen – war für den Erweiterten Vorstand
ohne weiteres voraussehbar. Wenn er dennoch allein ohne Beteiligung der Mitglieder in dieser Angelegenheit entschied, handelte er gegen die Satzung.
Aber selbst wenn man dies rechtlich anders beurteilen würde, hätte in dieser Angelegenheit eine Mitgliederversammlung einberufen werden müssen. Dies ergibt sich aus § 36 BGB. Nach dieser Vorschrift ist die Mitgliederversammlung in den durch die Satzung bestimmten Fällen sowie dann zu berufen, „wenn das Interesse des Vereins es erfordert.“ Diese Vorschrift begründet eine Verpflichtung, die nicht durch Satzung abbedungen werden kann.
Dass der Fall des Hauses Wehrmann das „Interesse des Vereins“ berührt, dürfte außer Frage stehen.
Aus den vorgenannten Gründen sollte der Erweiterte Vorstand von sich aus zumindest allen Mitgliedern
1. eine detaillierte Auflistung über das immobile und mobile Erbe,
2. ferner eine detaillierte Auflistung darüber, wie mit dem Erbe verfahren wurde (an wen wurde was zu welchen Bedingungen (Verkauf/Schenkung/Stiftung) und zu welchem Preis abgegeben und was wurde dem Vereinsvermögen zugeführt)
zur Verfügung stellen.
Auf diese Weise könnte wenigstens für Transparenz in dieser „wichtigen Angelegenheit“ gesorgt werden.
Dr. Johannes Hempel
Detmold