Gesundheit

8 Jahre Verzweiflung und Suche - wir fordern frühestmögliche Diagnosen von seltenen Erkrankungen

Petition richtet sich an
Deutscher Bundestag Petitionsausschuss

722 Unterschriften

Sammlung beendet

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Sammlung beendet

  1. Gestartet 2022
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht am 02.02.2024
  4. Dialog mit Empfänger
  5. Entscheidung

Neuigkeiten

22.06.2022, 17:14

Korrektur von kleineren Schreibfehlern und Satzzeichen.


Neuer Petitionstext:

Heute - im Jahr 2022 - warten Menschen mit einer seltene,seltenen, genetisch bedingten Erkrankung im Durchschnitt 8 Jahre*, bis sie eine gesicherte Diagnose erhalten.

 

8 Jahre der Ungewissheit, der Verzweiflung, der Suche; aber auch der hohen Kosten für die Betroffenen und die Gesellschaft. 8 Jahre, die wir in keinem Bereich unseres Lebens akzeptieren würden (#wouldyouaccept).

 

Es sind verlorene Jahre, denn in dieser Zeit können diese Betroffenen nichts tun.

 

Das müsste nicht sein - denn schon ein Blutstropfen kann Gewissheit bieten und die medizinischen und technischen Möglichkeiten sind vorhanden.

 

Heute ist die Therapierbarkeit eine Voraussetzung für die Aufnahme einer seltenen, genetischen Erkrankung z.B. in das Neugeborenen-Screening. Das kann aus unserer Sicht nicht so bleiben.

 

Es fehlt das Bewusstsein für die Betroffenen, eine ernsthafte öffentliche Diskussion und die Priorität.

 

Daher fordern wir die frühestmögliche Diagnose von seltenen Erkrankungen - unabhängig von der Therapierbarkeit!

 

Nutzen:

  • Aus Sicht der Patient: innenPatient:innen bietet eine möglichst frühe Diagnose einer seltenen, genetisch bedingten Erkrankung die MöglichkeitMöglichkeit, diese zu managen.
  • Selbst wenn diese nicht heilbar ist, kann eine frühe Diagnose zu deutlich verbesserten Behandlungsstrategien und damit zu einer nachhaltigen Steigerung der Lebensqualität der PatientenPatient:innen führen.
  • Die Teilhabe der Patient: innenPatient:innen kann signifikant verbessert werdenwerden.
  • Patient: innendatenPatient:innendaten bieten die Möglichkeit, Studien zu initiieren initiieren.

 

Hintergrund:

  • Es gibt heute ca. 8.000 seltene Erkrankungen.
  • 70-80%** dieser seltenen Erkrankungen sind auf eine genetische Ursache zurückzuführen.
  • Nur ca. 10%* der genetisch bedingten Erkrankungen sind spezifisch therapierbar.
  • 3.000.000 Menschen sind allein in Deutschland von einer seltenen Krankheit betroffen.
  • Mehr als 20.000 Kinder werden in Deutschland mit einer solchen genetisch bedingten Erkrankung geboren – jedes Jahr.
  • ‎Mehr als 30% der Kinder mit einer seltenen Krankheit sterben vor ihrem fünften Geburtstag‎.
  • Jeder Mensch hat ca. 25.000 Gene – und jeder trägt auch defekte Gene in sich.
  • Die meisten genetischen Krankheitsursachen sind durch einen Gentest leicht zu identifizieren.
  • Für praktische oder Fachärzte ist es unmöglich, all die ca. 8.000 seltenen Erkrankungen und ihre Symptome zu kennen.
  • Es gibt schon heute ein Neugeborenen-Screening, bei dem genetisch bedingte Ursachen von Erkrankungen getestet werden.
  • Dieses berücksichtigt aber nur therapierbare genetisch bedingte Erkrankungen.

 

Heute dauert es für die meisten seltenen Erkrankungen im Durchschnitt 6-8 Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird.

 

Aktuelle (Rechts-)Lage:

  • In den Screening-Prozess werden nur Krankheiten aufgenommen, zu denen es eine sichere Diagnostik gibt und eine Therapie verfügbar ist.
  • Derzeit wird auf 19 genetisch bedingte, seltene Erkrankungen im Neugeborenen-Screening getestet.
  • Die Regelungen dazu finden sich u.a. im Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) und im Gendiagnostikgesetz (GenDG [2]).
  • Die Gendiagnostik-Kommission (GEKO) des RKI (Robert-Koch-Institut) erstellt in Bezug auf den allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik Richtlinien.

  

Konsequenzen:

  • Eine Vielzahl von seltenen, genetisch bedingten seltenen Erkrankungen ist heute noch nicht therapierbar / heilbar.
  • Das bedeutet, diese werden bewusst nicht im Rahmen von Screening-Prozessen diagnostiziert, da es keine Heilung gibt.
  • Dies ist aus Sicht der Medizin nachvollziehbar, aus Sicht der Patient: innenPatient:innen und deren Angehörigen aber nicht.
  • Zahlreiche Beispiele von Betroffenen zeigen, dass eine frühzeitige Diagnose einer nicht heilbaren Erkrankung trotzdem einen sehr großen Unterschied hätte machen können.

o  8 Jahre Klarheit und Handlungsfähigkeit für den Patient: innenPatient:innen und die Familien.

o  8 Jahre gewonnene Zeit, um zumindest die Krankheit zu managen und schlimmeren Auswirkungen

vorzubeugen.

o  8 Jahre Lebenszeit - und oft Arbeitszeit - für die Patient: innenPatient:innen und ihre Betreuer: innen.Betreuer:innen.

o  Verminderung der sozialen Kosten – monetär aber auch emotional für die Betroffenen.

 

Rahmenbedingungen:

  • Es bedarf immer der Zustimmung der Eltern / Erziehungsberechtigten.
  • Es dürfen nur klare Diagnosen gestellt werden.
  • Der Fokus ist nicht die Vorerkrankungsprognose; d.h. Erkrankungen, die sich im Erwachsenenalter manifestieren.

 

Forderung:

  • Breite Vorsorge TestsVorsorgetests zu seltenen, genetisch bedingten Erkrankungen.
  • Aufnahme aller diagnostizierbaren seltenen genetischen Erkrankungen in das Neugeborenen-Screening – unabhängig von der Therapierbarkeit.
  • Die formale Verankerung der Perspektive und Stimme der Patient: innenPatient:innen bzw. deren Schutzbefohlenen.                                     
  • Die Mündigkeit der Betroffenen zu respektieren, zu entscheiden, was sie wissen möchten – und was nicht.
  • Klare Regeln und Rahmenbedingungen zu Test, ethischen Fragen, Freiwilligkeit, Umgang mit den Ergebnissen.
  • Öffentlichen Diskurs über die Möglichkeiten und Risiken einer Genomsequenzierung bei Neugeborenen.


Neue Begründung:

Patientensicht / Beispiel:

Ich kann nur die praktische Erfahrung teilen – meine eigene und das, was ich aus Gesprächen mit vielen Patient: innenPatient:innen und Betreuer: innenBetreuer:innen von Menschen mit einer seltenen Erkrankung gelernt habe.

Eines ihrer größten Probleme im Laufe der Jahre war die Unsicherheit bei der Diagnosefindung. In unserem Fall dauerte es 4,5 Jahre, bis eine Diagnose für unseren Sohn gestellt werden konnte. Von diesem Moment an änderte sich alles. Wir konnten uns konzentrieren.

Wir wussten, worum es uns ging. Wir wussten zumindest, wie wir unterstützen konnten. Und wir konnten aktiv gegen einige der schlimmsten Folgen der Krankheit (Alström) arbeiten (Alström) – in unserem Fall war es eine komplette Ernährungsumstellung, um einen gesunden Lebensstil zu unterstützen und zumindest zu versuchen, heftige Folgen der Krankheit zu verzögern.

Wir konnten auch ein medizinisches Netzwerk organisieren, das sich um alle spezifischen Bereiche kümmern konnte, die betroffen sind (Finden der passenden Schule und so weiter). Obwohl es lange dauerte, bis eine Diagnose gestellt wurde, war es immer noch früh genug, um zu reagieren.

Die Erfahrung sagt mir: jeder Tag zählt. 

Argumente pro / kontra Genomsequenzierung bei Neugeborenen:

DAFÜR

  • Schnellere und genauere Diagnosen und damit schnelle Reaktion auf genetische Erkrankung möglich.
  • Auch ohne Heilungsmöglichkeit können Maßnahmen ergriffen werden, um potenzielle Symptome zu verzögern / verhindern.
  • Einsatz gezielter Therapien von Beginn an möglich.
  • Frühes Wissen rettet Leben.
  • Erhebliche Kostenersparnis und Entlastung (langfristig) des Gesundheitswesens.
  • Auf Genomdaten kann auch im Erwachsenenalter bei später manifestierenden seltenen Erkrankungen zurückgegriffen werden.
  • Genomdaten werden zukünftig eine entscheidende Rolle bei der Einführung von Präventionsmaßnahmen für häufige Erkrankungen spielen (Diabetes, Herz-Kreislauf, Tumor, usw.).
  • AI-Verfahren bei der Genomanalyse sollten helfen, die Logistik bei der Auswertung der Genomdaten zeitnah mit angemessenem Aufwand zu leisten.
  • Schnelle Entwicklungen wie die der Genschere CRISPR/CAS können Heilungschancen drastisch erhöhen.

 

DAGEGEN

  • Säuglinge sind nicht alt genug, um selbst zu entscheiden.
  • Nur eine kleine Anzahl genetischer Erkrankungen erfordern medizinische Maßnahmen im Kindesalter.
  • Man bekommt Informationen zu Krankheitsrisiken, für die es noch keine spezifischen Maßnahmen gibt.
  • Datenmissbrauch.
  • Hohe Initialkosten bei der Etablierung eines deutschlandweiten Erkrankungsscreenings basierend auf einer Genomsequenzierung.
  • Manifestationsalter entsprechende, gestaffelte Auswertung von Genomdaten benötigen eine große Logistik

Soziale Kosten:

Eine detaillierte und vor allem fundierte Bewertung der potenziell vermeidbaren Kosten soll bzw. kann nicht Teil dieser Petition sein; als Indikation wurden aber die Kosten für zusätzliche Arztbesuche (3 pro Jahr) und die Anzahl der Ausfalltage für Arbeitnehmer: innen (5 pro Jahr) auf Basis frei verfügbarer Informationen errechnet.

Der Blick nur auf einen 8 Jahres Zeitraum – ohne die schon existierenden Fälle zu berücksichtigen – zeigt ca. 1 Milliarde an Kosten für den Gesundheitssektor bzw. die Volkswirtschaft, die in Summe auf der Suche nach einer richtigen Diagnose entstehen.

 

Es wurden hier nur 2 Dimensionen betrachtet, um eine erste Indikation zu erhalten; zum Beispiel Studien aus den USA, die zeigen, dass späte Diagnosen bzw. häufige Fehldiagnosen erheblich zu den Gesamtkosten bei seltenen Erkrankungen beitragen, wurden nicht berücksichtigt.

Links & Hintergründe:

Alström.de: Hintergründe zur Petition

Initiative EURODIS: Grundprinzipien Neugeborenen-Screening

genomDE: Die deutsche Genom-Initiative

Bayern.de: Neugeborenen-Screening Bayern

MDR Wissen: Pilot UK

Artikel Spiegel: Genomsequenzierung bei Neugeborenen

 

Background:

Die Initiative Alström wurde von einem Betroffenen Vater gegründet. Alström ist eine seltene, genetische Erkrankung. Diese ist Stand heute weder komplett erforscht noch heilbar. Die Diagnose ist ebenfalls schwierig und dauert wie bei vielen anderen seltenen Erkrankungen oft Jahre. Der Anspruch ist, mitzuhelfen die Situation für alle Betroffenen von seltenen Erkrankungen zu verbessern. Die (Früh-)diagnose ist der wichtigste Schlüssel dazu.

*keine empirischen Daten zur exakten Durchschnittsdauer verfügbar. Die Werte in öffentlich zugänglicher Literatur schwanken zwischen 6-10 Jahren. Daher die 8 Jahre als Durchschnitt. Letztlich ist es aber auch unerheblich ob es 4, 6, 8 oder mehr Jahre sind - es ist schlicht zu lange.

**Die Zahlenkorridore zeigen auch, dass es viele unterschiedliche Angaben gibt; ein weiteres Indiz für einen noch nicht ausreichend erforschten Bereich. 


Unterschriften zum Zeitpunkt der Änderung: 25 (25 in Deutschland)


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