Volksvertreter Wolfgang Berthaler
Kreistag in Landkreis Rosenheim - Ausgeschieden
Stellungnahme zur Petition Erhalt der Geburtsstation Bad Aibling
CSU zuletzt bearbeitet am 04.08.2017
Ich stimme zu / überwiegend zu.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen herzlichen Dank für Ihr Engagement und Ihr großes Interesse an einem Fortbestand der Geburtshilfe in der RoMed Klinik Bad Aibling. Nicht nur ich, auch die medizinisch und wirtschaftlich Verantwortlichen sowie die Hebammen würden es sehr begrüßen, wenn der Kreißsaal dort eine verlässliche und beliebte Adresse für werdende Mütter bleiben würde. Die derzeitige Faktenlage sieht wie folgt aus:
Die Geburtshilfe in der RoMed Klinik Bad Aibling ist - wie häufig in Bayern - als Belegabteilung organisiert und fußt auf mehreren Säulen. Seit geraumer Zeit ist die personelle Situation allerdings immer schwieriger und die Personaldecke immer dünner geworden, trotz längerfristig eingeleiteter Maßnahmen.
Situation Gynäkologen
Seit geraumer Zeit stehen auch in Bayern immer weniger Belegärzte für die geburtshilfliche Tätigkeit zur Verfügung; auch wenn wir derzeit noch vier geburtshilflich tätige Belegärzte haben, stehen faktisch nur zwei davon für Dienste zur Verfügung. Trotz der Bemühungen der Klinik in den letzten 4 ½ Jahren mit regelmäßigen Anzeigen im Deutschen Ärzteblatt, Österreichischen Ärzteblatt, der Ärztekammer Südtirols sowie dem Einschalten eines Personalvermittlers (Headhunter) fanden sich bisher keine jungen Kollegen für die Geburtshilfe.
Situation Hebammen
Aufgrund der allgemeinen Rahmenbedingungen ist es für freiberufliche Hebammen und Entbindungspfleger immer unattraktiver geworden, sich in der Geburtshilfe zu engagieren. Gründe hierfür sind unter anderem die sehr hohen Versicherungsprämien. Eine fundierte Aussage warum die Versicherungen die Beiträge so hoch ansetzen, ist von unserer Seite aus nicht möglich. Unumstritten ist, dass Geburten leider nicht immer komplikationslos verlaufen. Auch wenn die Krankenkassen Vergütungsanpassungen vorgenommen haben, verunsichern die derzeit laufenden Vergütungsverhandlungen für Entbindungen die Hebammen weiter und reduzieren bayernweit die Bereitschaft, sich für Entbindungen im Krankenhaus zur Verfügung zu stellen.
Seit Juni 2016 sind sechs Hebammen weggezogen bzw. in Mutterschutz oder Elternzeit gegangen. Nachfolgerinnen sucht die Hebammengemeinschaft selbst, - z. B. mit Anschreiben der Hebammenschulen, auch im benachbarten Ausland, nutzen aller persönlichen Kontakte, Ansprechen der Hebammen an den Standorten, die in jüngster Vergangenheit geschlossen wurden, etc. Die Klinikseite war regelmäßig unterstützend tätig, durch regelmäßige Inserate in den Fachzeitschriften und Online-Medien. Nach intensiver Suche konnte letztlich zumindest eine Hebamme dadurch gewonnen werden. Eine weitere Kollegin kam aus der Elternzeit zurück, sodass ab August 2017 aber trotzdem nur noch 3,7 Vollstellen (5 Personen – wonach jede Hebamme monatlich 12 Dienste machen müsste) für den Bereitschaftsdienst der Hebammen zur Verfügung gestanden wären. Tatsächlich wären aber 6,5 Vollstellen für einen Bereitschaftsdienst notwendig.
Vor diesem Hintergrund mussten wir, genau wie unsere Belegärzte, mit allergrößtem Bedauern zur Kenntnis nehmen, dass damit die Hebammen die Versorgung nicht mehr aufrechterhalten konnten.
Situation Kinderärzte
Für eine qualitativ hochwertige Geburtshilfe ist ein kinderärztlicher Bereitschaftsdienst notwendig. Auch hier wird es zunehmend schwieriger junge Kollegen für den Rufdienst zu gewinnen.
Fazit:
Die Gesamtsituation ist derzeit so angespannt, dass ab dem 15. August 2017 eine Versorgung der Schwangeren mit Hebammen in der RoMed Klinik Bad Aibling nicht mehr möglich ist.
Das endgültige Aus für die Geburtshilfe muss dies aber noch nicht bedeuten. Unter wesentlicher Einbindung der in Bad Aibling tätigen Belegärzte werden verschiedene Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, die nachhaltig tragfähig sein sollen und dabei auch eine qualitativ hochwertige Versorgung durch Kinderärzte und Hebammen sicherstellen sollen. Wir gehen zuversichtlich an diese sehr schwierige Aufgabenstellung heran und werden dabei auch die Situation an unseren anderen beiden geburtshilflichen Standorten in Wasserburg und Rosenheim mit einbeziehen und bewerten. Wie dargestellt, sehen wir für eine Wiedereröffnung der Geburtshilflichen Abteilung in Bad Aibling Erfolgsaussichten, können dafür aber keine Garantie übernehmen. Die Räumlichkeiten im Kreißsaalbereich werden wir zwischenzeitlich natürlich keiner anderen Nutzung zuführen.
Wenn die konzeptionelle Arbeit getan ist, muss es dann auch noch in einem zweiten Schritt gelingen dieses Konzept mit Leben zu erfüllen, das heißt, das passende Personal zu finden. Das wird die schwierigste Aufgabe werden, wie die in diesem Brief geschilderte jüngste Vergangenheit der Geburtshilfe in der RoMed Klinik Bad Aibling zeigt.
Ich verspreche Ihnen, wir werden uns ernsthaft bemühen. Vielleicht werden die vielen Unterstützer, die sich auf Ihre Initiative hin gemeldet haben, im Laufe des jetzt beginnenden Prozesses noch ein gewichtiges Argument.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Berthaler
Landrat