Volksvertreterin Susanne Schaper
Stellungnahme zur Petition Unverzügliche Wiedereröffnung der Musikschulen im Freistaat Sachsen
DIE LINKE., zuletzt bearbeitet am 21.11.2020
Fraktionsbeschluss, veröffentlicht von Rico Gebhardt.
Die Entscheidungsgrundlage ist ein Beschluss der Fraktion DIE LINKE.
Ich enthalte mich.
Ich befürworte eine öffentliche Anhörung im Fachausschuss.
Ich befürworte eine öffentliche Anhörung im Parlament/Plenum.
Ich kann verstehen, dass Sie mit der gegenwärtigen Situation unzufrieden sind. Ich bin mir sicher, dass die Musikschulen die erforderlichen Hygienekonzepte umfassend umgesetzt haben und kann verstehen, dass es Ihnen nicht nachvollziehbar erscheint, dass die Musikschulen in Sachsen geschlossen sind, während sie in den übrigen Bundesländern ihren Bildungsauftrag weiter umsetzen können.
Dier Sächsische Staatsregierung hat bei der Erarbeitung ihrer aktuellen Corona-Schutzverordnung die Prämisse zugrunde gelegt, alle nicht dringend notwendigen Kontakte zu reduzieren um die ständig steigenden Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Dazu zählen aus Sicht des Sächsischen Sozialministeriums auch die Musikschulen. Die verhängten Maßnahmen bedeuten massive Einschränkungen für Ihre Lehrkräfte und Schüler.
Das Virus wird uns noch auf Jahre begleiten und auch mit der voraussichtlichen Einführung des Impfstoffes im Frühjahr 2021 nicht von heute auf morgen besiegt sein. Wir müssen jetzt alles tun, um die Dynamik des Infektionsgeschehens zu brechen. Deshalb unterstützen wir als LINKE die Regierung bei der Bekämpfung des Virus auch weiterhin. Es geht hier nicht um Parteipolitik, sondern um Menschenleben.
Eine Öffnung der Musikschulen bedarf deshalb einer gründlichen Abwägung durch die politischen Verantwortungsträger in der Staatsregierung unter Einbeziehung des Parlaments.
Niemand kann wollen, dass die Krankenhäuser überlastet werden und Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf keine Hilfe mehr bekommen. Wir können nicht riskieren, dass Menschen, die wegen eines anderen medizinischen Problems in Not sind, nicht mehr behandelt werden können. Es geht nicht nur um Intensivstationen, sondern um die ganz normale medizinische Versorgung.
Wir können bei keinem Menschen vorhersagen, welche Folgen eine Infektion hat. Ob jung oder alt, gesund oder vorerkrankt: Die Spanne reicht von Symptomfreiheit bis zur Lebensgefahr. Wir wissen einfach nicht, wer auf der Intensivstation landet und wer nicht. Deshalb müssen wir für den schlimmsten Fall versuchen, die Infektionen einzudämmen.
Die vermeintlich geringen Todesraten sind kein Argument – weil jeder Todesfall einer zu viel ist. Auch eine Todesrate von „nur“ einem Prozent bedeutet bei einer großen Zahl an Infizierten, dass viele sterben. Wir können nicht vorhersehen, wie die Lage morgen oder in einer Woche aussieht. Wenn sich die Zahlen in immer kürzeren Zeiträumen verdoppeln, entsteht eine bedrohliche Dynamik. Hohe Infektionszahlen heute bedeuten höhere Todeszahlen in einigen Wochen.
Dabei geht es nur in zweiter Linie um Betten und Beatmungsgeräte. Alles steht und fällt mit dem Personal. Was passiert denn, wenn ein Großteil der Pflegekräfte oder der Ärzteschaft infiziert ist und ausfällt? Das ist die schlimmste anzunehmende Folge des Personalmangels, den die Regierenden in den letzten Jahrzehnten verschuldet haben.
Wir unterstützen die Regierung beim der Bekämpfung des Coronavirus. Das heißt aber nicht, dass wir das Regierungshandeln bedingungslos mittragen. Es ist legitim, über den Sinn von Maßnahmen zu diskutieren, weshalb ich Ihre Anfrage begrüße. Es ist auch legitim, sie von Gerichten überprüfen zu lassen. Wir leben ja nicht in einer Diktatur.
Wenn Maßnahmen nicht nachvollziehbar, sondern offensichtlich wirkungslos oder widersprüchlich sind, dann schwindet die Mitwirkung der Bevölkerung. Es kommt auf das solidarische Handeln aller an, damit wir noch schlimmere Schritte wie Kita- und Schulschließungen, einen Notstand im Gesundheitswesen und letztlich viele Todesfälle vermeiden können. Dieser „Lockdown Light“ mit der Unterbindung vieler Angebote in Freizeit und außerschulischer Bildung ist der Versuch, genau dies zu verhindern.
Natürlich müssen wir diskutieren, wie wir langfristig mit dem Virus umgehen. Wir benötigen dringend technische Investitionen und Innovationen, bei Belüftung, Kontaktnachverfolgung, Abstandhalten. Mit Lockdowns erkaufen wir nur Zeit. Diese Zeit müssen wir dringend nutzen, um weiter vorzusorgen. Es ist unmöglich binnen eines Jahres die ganze Bevölkerung zu impfen, sobald wir einen wirksamen Impfstoff haben werden.
Wir unterstützen die Regierung bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Das heißt aber nicht, dass wir das Verfahren mittragen. Der Infektionsschutz macht es notwendig, Grundrechte- und Freiheitsrechte vorübergehend und im notwendigen Umfang einzuschränken. Maßnahmen müssen nachvollziehbar, verhältnismäßig und befristet sein. Es ist dringend notwendig, dass die Parlamente die Regierungen kontrollieren. In einer unmittelbaren Notsituation ist es notwendig, schnelle Maßnahmen zu verordnen. Inzwischen wissen wir, dass es auch weiterhin zu Grundrechtseinschränkungen kommen wird, welche zudem langandauernd sein werden. Da muss es möglich sein, Für und Wider im Parlament vor den Entscheidungen der Regierung abzuwägen.
Es ist nicht ausreichend, dass der Landtag über die Maßnahmen diskutiert, die schon vor Tagen in Kraft getreten sind. In Brandenburg und Hessen haben die Regierungen die Parlamente vor Inkrafttreten der neuen Coronaschutz-Maßnahmen einberufen. In Sachsen funktioniert das leider wieder mal nicht. Wir erwarten, dass der Landtag in Zukunft wirklich beteiligt wird. Mindestens die zuständigen Fachausschüsse müssen mitentscheiden, das ist mit Sondersitzungen auch kurzfristig möglich. Die Corona-Krise darf nicht zur Demokratie-Krise werden. Auch davon hängt ab, in welchem Umfang die Bevölkerung mitzieht.
Unsere Rolle ist die der kritischen, aber konstruktiven Opposition, die um Lösungen bemüht ist und wissenschaftliche Erkenntnisse nicht leugnet. Wir tragen es mit, dass Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus ergriffen werden.
Wir pochen aber auf wirkliche Parlamentsbeteiligung, dies betrifft auch die Öffnung der Musikschulen. Der Kulturpolitische Sprecher meiner Fraktion, Franz Sodann steht Ihnen gern für Nachfragen zur Verfügung. Sie erreichen ihn unter franz.sodann@slt.sachsen.de
Ich bin mir sicher, dass wir alle gemeinsam diese schwierige Zeit meistern werden und hoffe, dass Musikschulen, Selbständige, Gewerbetreibende, Künstlerinnen und Künstler Gastronomie und Tourismus mit entsprechenden Hygienekonzepten bald wieder ihre Arbeit machen dürfen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute! Bitte bleiben Sie gesund!