Volksvertreter Sebastian Pewny
Stellungnahme zur Petition Das Freibad Langendreer darf nicht "baden" gehen!
Die Grünen im Rat , zuletzt bearbeitet am 18.03.2022
Fraktionsbeschluss, veröffentlicht von Sebastian Pewny.
Die Entscheidungsgrundlage ist ein Beschluss der Fraktion Die Grünen im Rat
Ich lehne ab.
Ich befürworte eine öffentliche Anhörung im Parlament/Plenum.
Die Diskussion um die Zukunft der städtischen Bäderlandschaft hat eine lange Historie. In Zeiten schwieriger Haushaltslagen wurde deutlich, dass die Bäderlandschaft zwecks Investitionsnotwendigkeiten und hoher Betriebsausgaben einer Überprüfung bedarf. Hierbei wurden Gutachten beauftragt, welche substanzielle Veränderungen in der städtischen Bäderlandschaft, vorschlugen. Im Ergebnis stellen die Überprüfungen fest, dass hohe Investitionsstaus bestehen, Besucher*innenzahlen stark gesunken und die vorhandenen Strukturen sowie Angebote nicht mehr bedarfsgerecht sind. Die weitestgehend in den 1960er Jahren geschaffene Bäderlandschaft in Bochum ist veraltet. Insgesamt hat Bochum derzeit zu viel Wasseraußenflächen und zu wenig Wasserinnenflächen. Dieser Umstand erfordert ein politisches Gegensteuern. Alle Bäder haben hohe Investitionsbedarfe. Auch hier besteht politischer Handlungsbedarf. Viele Jahre wurde es versäumt, unter anderem aus wahlstrategischen Gründen und wegen der jahrelangen Haushaltssicherung, die Bochumer Bäderlandschaft umfassend zukunftsfähig aufzustellen. Das vorliegende Bäderkonzept zeigt in vielen Varianten und prognostizierten Defizitentwicklungen und Investitionskalkulationen auf, dass eine politische Entscheidung zwingend Konsequenzen für die bestehenden Badstandorte mit sich bringt, die teilweise auch mit der Schließung oder Reduzierung von Angeboten einhergehen kann. Für meine Fraktion sind vier Leitplanken für die verantwortungsvolle Entscheidung zum Bäderkonzept im vergangenen November handlungsleitend:
Ökonomische Tragfähigkeit
Als die städtischen Bäder 2018 in eine privatrechtliche Struktur überführt wurden, war es erklärtes Ziel den jährlichen städtischen Zuschuss zum Verlustausgleich auf rund sieben Millionen Euro zu beschränken. Heute beträgt der städtische Zuschuss bereits rund zehn Millionen Euro. In Verantwortung vor dem städtischen Haushalt und in der Vergegenwärtigung prognostizierter Entwicklungen sollte das auszugleichende Defizit im Jahr 2030 keinesfalls höher als dem doppelten der ursprünglich fixierten Verlustausgleichshöhe betragen. Es kommen also folglich nur solche Bäderkonzeptionen in Frage, welche einen Zuschuss für 2030 von unter Vierzehn Millionen Euro erwarten. Dabei sollte die Bäderkonzeption maximal 60 Millionen Euro Investitionen (bezogen auf den heutigen Baukostenindex*) vorsehen.
Sozialräumliche Bedeutung
Städtische Bäder sollen als Möglichkeit der Erholung und Freizeitaktivität angesehen werden und vor allem auch jenen Menschen ermöglichen Familienausflüge zu machen und Schwimmen zu erlernen, die sich beispielsweise keine Urlaube leisten können oder wollen. Die soziale Bedeutung günstiger städtischer Bäder ist nicht zu unterschätzen. Die soziale Wirkung auf Stadtteile mit schwierigem Sozialindex sind auf Strukturen, wie städtische Schwimmbäder in besonderem Maße angewiesen.
Kommunale Daseinsvorsorge
Zur kommunalen Daseinsvorsorge gehört die Bereitstellung von städtischen Schwimmbädern, zum Erlernen des Schwimmens, zur freizeitlichen Bewegung sowie zur vereinssportlichen Nutzung. Das Vorhalten an Spaß und Freizeitbädern ist neben dem regionalen Angebot in Form der Bäder der Freizeitmetropole Ruhr und durch private Angebote gedeckt und sollte nicht als städtische Aufgabe wahrgenommen werden. Bei der Bereitstellung städtischer Bäderwasserflächen (Bäder und Lehrschwimmbecken) ist darauf zu achten, dass für Schul und Vereinsschwimmen ausreichend Wasserflächen ganzjährig zur Verfügung stehen.
Erreichbarkeit
In der gesamtstädtischen Standortfrage von Frei und Hallenbädern ist eine gute Erreichbarkeit unabdingbar für einen erfolgreichen und zielgerechten Betrieb der städtischen Bäder, das Gleiche gilt für Lehrschwimmbecken. Daher sind Standorte mit Straßenbahnlinien oder eng getakteten Buslinien zu bevorzugen. Weiterhin sollte eine sichere Fuß und gute Radanbindung sichergestellt sein. An diesen Leitgedanken hat sich auch heute, vier Jahre nach der Beschlussfassung im Rat der Stadt Bochum nichts geändert. Damals wie heute gilt, dass wir uns die Entscheidung nicht leicht gemacht haben. Damals wie heute gilt für uns Grüne:
Wir werden hohe Millionenbeträge in jeden einzelnen Badstandort investieren
Wir werden mehr Geld für die Unterhaltung der Bäder ausgeben
Wir werden die Hallenbäder Querenburg, Wattenscheid und Langendreer ganzjährig öffnen
Wir werden die bisherigen Freibadflächen im Südpark und in Langendreer einer hohen Qualität an Freizeitnutzung zuführen und so mehr Menschen aus den Stadtteilen ermöglichen die Areale als Freizeittreffpunkt nutzen zu können.
Für das neue wasserorientierte Freizeitangebot in Langendreer ist es aus unserer Sicht notwendig, dass das Hallenbad mittels Cabriodach bzw. flexibler Seitenwand nach außen hin geöffnet werden kann, so dass draußen auf der Wiese liegen und drinnen baden möglich sind. Wegen des Geländeversatzes wird ein attraktiver Übergang zu schaffen sein. Wir wollen in Langendreer einen Außenwasserbereich für kleine Kinder, ein neues Kurschwimmbecken im Hallenbad Seite mit Hubboden, das auch Bewegungs und Kursangebote für ältere Menschen ermöglicht. Und natürlich unterschiedlichste Spiel und Sportangebote (z.B. Wasserspielplatz, Beachvolleyball, Kletterwand, Boulebahn).
Für den Standort in Wattenscheid ist von einer wellnessgeprägten Nutzung der Außenareale bis zu einer eher auf Spiel, Bewegung und Spaß ausgerichteten Nutzung vieles denkbar. Hier werden wir unsere Vorstellungen präzisieren, sobald die Standortfrage juristisch geklärt ist.
Ich kann den Frust, die Enttäuschung und Kritik an unserer Entscheidung zum Bäderkonzept verstehen. Wir treffen diese nicht leichtfertig und nicht ohne eine fachliche, politische und gewissenhafte Bewertung aller Argumente. Wir treffen sie aus einer gesamtstädtischen Verantwortung heraus, aus den Bädern möglichst viel Potential herauszuholen. Dazu werden wir flankierend zu dem jetzigen Bäderkonzept auch noch mehr Schulschwimmen anbieten. Das wird nur durch ergänzende moderne Lehrschwimmbecken in unmittelbarer Nähen zu den Schulen gelingen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann natürlich zu einem anderen Ergebnis in der politischen Bewertung der Bäderfrage kommen. Ich finde es unanständig die politische Konkurrenz in den öffentlichen Medien als „bescheuert“ abzustempeln. Das wird weder dem politisch gepflegten Miteinander gerecht, noch der in den Fraktionen über Jahre geführten fachlichen Debatten.
Lassen Sie uns gemeinsam das Ergebnis der heutigen Abstimmung annehmen und in die Zukunft schauen. Lassen Sie uns gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort in den Stadtteilen darüber ins Gespräch kommen, wie die Arealnutzungen in Wattenscheid und Langendreer weiterentwickelt und alternativ als Freizeitflächen genutzt werden können. Wir Grüne haben dazu schon einige Ideen und ich hoffe, dass wir nach der heutigen Ratssitzung darüber durch frühzeitige Beteiligungsformate gemeinsam mit den Bäderwelten beraten können. Bei aller inhaltlichen Differenz in dieser Frage. Ich denke alle haben ein Interesse daran, dass die Freibadflächen sowie auch alle anderen Bäder und ihre Standorte attraktive Freizeitflächen und soziale Treffpunkte bleiben! Und das ist doch eine lohnenswerte Grundlage für einen gemeinsamen Gestaltungsanspruch.