Volksvertreter Johannes Pöhlmann
Stellungnahme zur Petition Büchenbach-Nord: Keine Nachverdichtung um jeden Preis!
Die Linke zuletzt bearbeitet am 19.02.2020
Ich stimme zu / überwiegend zu.
Unter den bisher im Erlanger Stadtrat vertretenen Gruppierungen ist die
Erlanger Linke die einzige, welche deutlich auf die Grenzen des Wachstums
auch für Erlangen hinweist (Abschnitt 6 des Wahlprogramms): "Kurzfristig
hilft in Erlangen gegen steigende Wohnungsnot und den drohenden
Verkehrskollaps nur ein Ende des Wachstums für Gewerbe, Universität, Klinik
und Forschungseinrichtungen: Neue Ansiedlungen werden in anderen Städten der
Metropolregion dringender gebraucht....". Erlangen ist eine Stadt mit viel
zu kleiner Grundfläche, verglichen mit dem enormen Wachstum an
Arbeitsplätzen in der Stadt während der letzten Jahrzehnte. Es ist
verständlich, dass Menschen, die in Erlangen eine Arbeitsstelle gefunden
haben, bevorzugt auch in Erlangen wohnen wollen. Die Stadtverwaltung
versucht verzweifelt, immer mehr Wohnungen in die Stadt hinein zu pressen.
Gleichzeitig unternimmt sie fast nichts gegen die fortlaufende Umwandlung
von Sozialwohnungen in frei vermietbare Wohnungen.
Eine Nachverdichtung ist fast immer ein erheblicher Eingriff in die
Lebensqualität der seit langer Zeit in dem Gebiet lebenden Menschen. Nur die
wenigsten können diesem Eingriff einfach ausweichen, indem sie wegziehen.
Die eigentliche Aufgabe der Stadt wird immer mehr sein, in Zusammenarbeit
mit den Umlandgemeinden Wohnungsbau dort zu ermöglichen, wo es für die
bereits ansässigen Anwohner*innen nicht zur Belastung wird. Dass die
Verkehrswege in die Arbeitsplatzzentren der Stadt länger werden, muss
großenteils in Kauf genommen werden. Die Umweltbelastungen aus den
Verkehrswegen müssen konsequent abgebaut werden, indem umweltfreundlicher
öffentlicher Nahverkehr angeboten wird (z. B. Stadt-Umland-Bahn) und das
Fahrradfahren sicherer und schneller ermöglicht wird. Vorausschauend müssen
so weit wie möglich Gewerbeansiedlung und Wohnungsbau in enger Nachbarschaft
geplant werden.
Wir setzen uns dafür ein, Nachverdichtungs-Vorhaben zu begrenzen, wo sie die
Lebensqualität der bereits ansässigen Bewohner*innen beeinträchtigen. Die
GeWoBau plant, den Parkplatz an der Odenwaldallee mit einem Block für
Wohnen, Gewerbe und Sozialeinrichtungen zu überbauen. Die ursprüngliche
Planung missachtete die Interessen der Bewohner*innen auf der Südseite des
bestehenden Wohnblocks an der Bamberger Straße. In zahlreichen Wohnungen
wäre der freie Ausblick nach Süden und Südwesten verbaut und die
Sonneneinstrahlung unmöglich gemacht worden. Inzwischen konnte erreicht
werden, dass der neue Baukörper nicht mehr so groß und aufgelockerter
geplant wurde. Aber die Beeinträchtigungen sind nicht für alle
Bewohner*innen des Bestandsblockes verschwunden. Das könnte nur akzeptiert
werden, wenn die Stadt eine wirklich sehr großzügige Umzugsförderung anbieten
würde. Konkretes hierzu hat man noch nicht gehört.
Das Nachverdichtungsprojekt des Bauträgers Liebe (Büchenbacher Anlage)
beeinträchtigt in dieser Weise nur eine Wohnung, die des 1. Pfarrers der
Martin-Luther-Kirche. Der Charakter der Büchenbach Anlage würde sich aber
erheblich ändern. Statt einer echten Anlage, die man mal grün gestalten
wollte, würde eine Straßenschlucht entstehen. Hinzu käme ein akustisches
Problem: Die Schallwellen, welche von der Glocke im Turm der
Martin-Luther-Kirche ausgehen, würden an dem Baukörper reflektiert werden
und sich dem Direktschall überlagern. Es muss damit gerechnet werden, dass
die subjektiv empfundene Lautstärke der Glocke auf den eineinhalbfachen Wert
steigt. Eine Sperrung der Büchenbach Anlage für den motorisierten Verkehrs
wäre endgültig nicht mehr durchsetzbar.
Insgesamt: Die Kombination beider Bauvorhaben in dieser Größe würde
Probleme aufwerfen, von denen momentan nicht absehbar ist, wie sie gelöst
werden könnten. Das Vorhaben des Bauträgers Liebe darf deshalb nicht so
realisiert werden, wie es der Preisträger-Entwurf des Architektenwettbewerbs
zeigte. Stattdessen muss es deutlich kleiner und abgestuft geplant werden,
bevor es akzeptiert werden könnte.
Noch völlig ungelöst ist das Problem der Versorgung der umliegenden
Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs während der Bauphase. Ohne eine
befriedigende Lösung dieser Probleme werden wir der Änderung des
Bebauungsplans nicht zustimmen. Ohne Planänderung ist das Projekt
unzulässig.