Volksvertreterin Astrid Rothe-Beinlich
Stellungnahme zur Petition Weimar muss kreisfrei bleiben!
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zuletzt bearbeitet am 10.05.2016
Keine Stellungnahme.
Ich befürworte eine öffentliche Anhörung im Fachausschuss.
Weimar muss wachsen:)
Zunächst ist der Eindruck zurückzuweisen, dass die Gebietsreform in einem Eilverfahren realisiert werden soll. Eine derartige Reform ist seit Jahren überfällig und insoweit in der Diskussion. Ebenfalls seit Jahren schrumpft die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner Thüringens, in manchen Regionen dramatisch. Es besteht insofern dringende Handlungsnotwendigkeit. Die vorherigen Landesregierungen haben diese Reformen schlicht verweigert und damit die Zukunft des Landes gefährdet.
In der Mitte Thüringens, speziell in den Orten entlang der Städtekette, sind die demografischen Auswirkungen nicht so gravierend. So wird Weimar auch in Zukunft leicht wachsen oder (was die Bevölkerungszahlen angeht) stagnieren. Der demografische Wandel wird sich aber im Umfeld Weimars auswirken, für die umliegenden Landkreise wie Sömmerda oder das Weimarer Land werden größere Bevölkerungsverluste prognostiziert. Mit der Gebietsreform wird auch hier gegengesteuert werden müssen.
Es gilt, Stadt und Umland zu dauerhaft leistungsfähigen Dienstleistern Ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu gestalten. Die Dauerhaftigkeit wird nur mit einer Mindestgröße in Verbindung mit den Rahmenbedingungen (wie u.a. Bevölkerungsentwicklung oder Steuerkraft) gelingen.
Weimar ist unbestritten eine der bedeutendsten "Markenzeichen" Thüringens. Diese solitäre Existenz ist aber gefährdet. Weimar ist mit 84 qm die von der Fläche her kleinste kreisfreie Stadt Thüringens, seit Mitte der neunziger Jahre wächst die Bevölkerung langsam, aber stetig. Der Wohnungsmarkt ist gerade bei preiswerten Wohnungen sehr eng. Die Probleme, neue Wohn- oder Gewerbeflächen auszuweisen, wachsen. Von Bevölkerung und Gewerbe hängen aber ganz wesentlich die kommunalen Finanzen ab.
Bei der Beurteilung der Finanzen schneidet Weimar nicht gut ab. Weimar ist die höchstverschuldeste kreisfreie Stadt Thüringens (pro Kopf der Bevölkerung). Allerdings muss anerkannt werden, dass ein größerer Teil der Schulden einerseits aus Eingemeindungen 1994 und andererseits aus Investitionen für das Kulturstadtjahr 1999 stammt. Ich erkenne auch an, dass sich Weimar hohe Ausgaben für Kultur leisten muss. Diese Ausgaben nutzen der gesamten Region und dem Lande Thüringen. Deswegen wollen wir die Region und den Freistaat stärker an diesen Kosten beteiligen. Allerdings hat Weimar deutlich zu wenige eigene Einnahmen und wird dies auf absehbare Zeit nicht allein ändern können.
Ob und in welchem Maße Weimar mit einer Gebietsreform Landesmittel verlieren würde, ist Spekulation. Kürzungen zu prophezeien ist daher unseriös. Dieses Spielen mit den Ängsten der Menschen ist keine konstruktive Politik. Wo Kürzungen vorgenommen werden, entscheidet auf Vorschlag des Oberbürgermeisters letztlich der Weimarer Stadtrat. (Und als Stadträtin in Erfurt, weiß ich da sehr genau wovon ich rede)
Als Land werden wir aber für zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu sorgen haben. Dazu zählt u.a. die Verringerung der Lasten der Kulturfinanzierung.
Ich bin daher der Ansicht: Weimar sollte wachsen. Die Umlandgemeinden profitieren von der Nähe zur Stadt, ein Zusammengehen mit Weimar hätte für beide Seiten Vorteile. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Stadt für das Land wäre, ein deutliches Wachstum der Stadt vorausgesetzt, auch eine weitere Kreisfreiheit vorstellbar. Allerdings setzt das voraus, dass es gelingt, das Umland neu und zukunftsfähig zu strukturieren. Einseitiges Profitieren des Umlandes von der Stadt gilt es zu beenden und die Lasten fair zu verteilen, dies gilt aber ggf. auch andersherum. Egoismen, so berechtigt sie sein mögen, sind dabei wenig hilfreich.
Wir befinden uns derzeit mitten in einem Prozess, die Interessen aller Beteiligten auszutarieren. Ich bin mir dabei der Bedeutung Weimars für Thüringen wohl bewusst.