17. 01. 2017, 3:22
Pet 3-18-11-84-025579
Entschädigung der Opfer von
Gewalttaten
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, das Opferentschädigungsgesetz im Bereich der
Entschädigung der Opfer – hier Schmerzensgeldzahlung bzw. zeitlich begrenzte
Entschädigung – zu ändern bzw. zu ergänzen.
Der Petent führt insbesondere aus, dass Personen, die durch eine Gewalttat eine
gesundheitliche Beeinträchtigung erlitten hätten, nach dem
Opferentschädigungsgesetz (OEG) auf Antrag Heilbehandlungs-, Renten- und
Fürsorgeleistungen erhalten könnten. Ein Anspruch setze voraus, dass eine Person
durch einen vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Angriff oder bei dessen
rechtmäßiger Abwehr dauerhaft eine gesundheitliche Schädigung erlitten habe. Durch
Übergriffe und Angriffe im Sinne des OEG kann es aber auch zu zeitlich begrenzten
Fällen von physischen und/oder psychischen Schädigungen kommen, die im OEG
völlig außer Acht gelassen würden, da das OEG nur Rentenzahlungen vorsehe. Dies
stelle eine Ungleichbehandlung von Opfern dar. Daher sei dringend eine Novellierung
des OEG erforderlich.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 91 Mitzeichnungen sowie 10 Diskussionsbeiträge
ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit
und Soziales (BMAS) – Gelegenheit gegeben, ihre Haltung zum gesetzgeberischen
Anliegen der Eingabe darzulegen.
Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des BMAS sieht das Ergebnis der
parlamentarischen Prüfung folgendermaßen aus:
Hinsichtlich der Versorgung von Opfern von Gewalttaten verweist § 1 Absatz 1 Satz 1
des OEG auf die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Die Arten
möglicher Leistungen für Opfer von Gewalttaten ergeben sich aus § 9 BVG.
Umfang und Höhe der zu erbringenden Leistungen richten sich grundsätzlich nach den
auch für die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen geltenden
Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts, das insbesondere folgende
Einzelleistungen vorsieht:
Heil- und Krankenbehandlung, die weitergeleistet wird, so lange die
gesundheitlichen Folgen der Tat fortbestehen
Heil- und Hilfsmittel (Medikamente, Prothesen, Zahnersatz, Brillen usw.)
Rehabilitationsmaßnahmen
Anspruch auf eine monatliche Rente, falls dauerhafte gesundheitliche
Beeinträchtigungen bestehen (Höhe gestaffelt ab einem anerkannten Grad der
Schädigungsfolgen von 30 bis 100). Sie wird unabhängig von Einkommen und
Vermögen des Antragstellers bezahlt sowie jährlich an die Entwicklung in der
gesetzlichen Rentenversicherung angepasst
Anspruch auf zusätzliche einkommensabhängige, monatliche
Rentenleistungen, wenn sich die gesundheitliche Störung negativ auf das
Einkommen ausgewirkt hat
zusätzliche Leistungen, z.B. Hilfen zur Weiterführung des Haushalts, Hilfe zur
Pflege bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit
ergänzende, meist einkommensabhängige Leistungen der
Kriegsopferfürsorge bei besonderem Bedarf, z.B. Hilfe zur Pflege, ergänzende
Hilfe zum Lebensunterhalt
Privatrechtliche Eigentums- und Vermögensschäden werden durch das OEG
grundsätzlich nicht entschädigt. Daher wird auch kein Schmerzensgeld gezahlt.
Dieses kann nur gegenüber dem Täter/der Täterin geltend gemacht werden.
Hintergrund ist, dass Schmerzensgeld aus rechtssystematische Gründen sowohl eine
Wiedergutmachungs- als auch eine Sühnefunktion hat. Das
Opferentschädigungsrecht hingegen hat jedoch insbesondere den Ausgleich von
Schädigungsfolgen zum Ziel. Dabei tritt der Staat im Opferentschädigungsrecht nicht
an die Stelle des Täters, sodass die staatliche Opferentschädigung in aller Regel nicht
denselben Umfang hat, wie der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch des
Geschädigten gegenüber dem Täter bzw. den Tätern. Allerdings lässt das
Opferentschädigungsrecht etwaige Ansprüche aus anderen Rechtsvorschriften
unberührt. Diese müssen aber unabhängig von Ansprüchen aus dem OEG
eigenständig geltend gemacht werden.
Bezüglich der Forderung des Petenten das OEG im Bereich der Entschädigung der
Opfer einen zeitlich begrenzte Entschädigungsanspruch einzuführen weist der
Petitionsausschuss auf Folgendes hin:
Zwar ist zutreffend, dass die im OEG bzw. das BVG normierten Regelungen im Ansatz
zunächst unterstellen, dass eine Gesundheitsschädigung und die damit verbundenen
Schädigungsfolgen vom Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses an lebenslänglich
vorhanden sind. Für Fälle, in denen eine Schädigungsfolge nur von vorübergehender
Dauer ist, enthält das Gesetz aber keinen Leistungsausschluss. Vielmehr enthält das
BVG lediglich eine Vorschrift zum entsprechend früheren Leistungsende. So bestimmt
das BVG in seinem § 60 Absatz 4: „Eine Minderung oder Entziehung der Leistungen
tritt mit Ablauf des Monats ein, in dem die Voraussetzungen für ihre Gewährung
weggefallen sind. Eine durch Besserung des Gesundheitszustands bedingte Minde-
rung oder Entziehung der Leistungen tritt mit Ablauf des Monats ein, der auf die
Bekanntgabe des die Änderung aussprechenden Bescheides folgt." Liegen die
sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen vor, so kann im Ergebnis auch eine zeitlich
befristete Leistungsgewährung im Sinne des OEG bzw. des BVG erfolgen. Diese
würden grundsätzlich zunächst unbefristet geleistet, bis eine wesentliche Besserung
des Gesundheitszustandes eintritt. Insoweit stimmen die Grundannahmen des
Petenten zur Rechtslage mit den konkreten gesetzlichen Vorschriften nicht überein.
Da der Ausschuss die geltende Rechtslage für insgesamt sachgerecht erachtet,
vermag er sich für die vom Petenten vorgetragenen Rechtsänderungen nicht
auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren abzuschließen, da
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)