Erfolg

Arzneimittelwesen - Wiederverwendung von Arzneimittelpackungen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag

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Der Petition wurde entsprochen

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Der Petition wurde entsprochen

  1. Gestartet 2007
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Erfolg

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:14

Rolf Heider Arzneimittelwesen Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 04.12.2008 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist. Begründung

Mit der Petition wird gefordert, nicht mehr benötigte und nicht angebrochene Arznei-
mittelpackungen der Wiederverwendung zuzuführen.

Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die von 120 Mitzeichnern unterstützt wird
und zu 26 Diskussionsbeiträgen geführt hat.

Anlass für die Eingabe des Petenten ist der Umstand, dass er im Nachlass seiner
Schwiegermutter mehrere Beutel mit nicht angebrochenen, bis 2009 gültigen Arz-
neimittelpackungen im Wert von ca. 1.200 gefunden hatte. Von Arzt und Apotheker
habe er den Rat erhalten, die Medikamente in die Mülltonne zu entsorgen. Der
Petent sieht darin eine sinnlose Verschwendung und wundert sich nach eigenen
Worten nicht mehr, dass die Krankenkassen mit ihren Budgets nicht auskämen.
Zudem spricht er mögliche schädliche Auswirkungen dieses Vorgehens auf die
Umwelt an.

Zu den weiteren Einzelheiten des Vortrages wird auf den Inhalt der Akte Bezug
genommen.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Berücksichtigung einer
Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wie folgt zusam-
menfassen: noch Rolf Heider Der Petitionsausschuss teilt die Auffassung des Petenten, dass die Weitergabe nicht
mehr benötigter Arzneimittel ein Problem darstellt. Er kann jedoch darauf verweisen,
dass sich der Gesetzgeber dieses Problems angenommen hat und es einer prakti-
kablen Lösung zugeführt hat, die zugleich die bestehenden Gesundheitsgefahren
solcher Arzneimittel berücksichtigt.

Zum 01.04.2007 ist das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV-WSG) in Kraft getreten. Damit hat der Gesetzgeber
Regelungen geschaffen, die die Weitergabe nicht mehr benötigter Arzneimittel unter
bestimmten Voraussetzungen ermöglichen.

Oberster Grundsatz bei diesen Regelungen ist gewesen, Sicherheit und Qualität der
Arzneimittel, die bereits einem Patienten zur Verfügung gestellt wurden, zu gewähr-
leisten. Um diese Sicherheits- und Qualitätsansprüche sicherstellen zu können, sind
folgende Anforderungen aus hygienischer und medizinischer Sicht zu berücksichti-
gen:

Arzneimittel müssen sog. Stabilitätsansprüchen genügen, die im Arzneimittelgesetz
und in den Richtlinien der "International Conference on Harmonization" (ICH) fest-
gelegt sind. Medikamente müssen deshalb bei bestimmten Temperaturen und bei
bestimmter Luftfeuchtigkeit gelagert werden, damit sie nicht einer Zersetzung ausge-
setzt sind. Bei dieser Zersetzung können Abbauprodukte entstehen, die im
schlimmsten Fall sogar giftig sind.

Zudem ist sicherzustellen, dass Arzneimittel und deren Verpackungen nicht mit
gefährlichen Erregern derart in Kontakt gekommen sind, sodass sie selbige übertra-
gen könnten. Im Gegensatz zu sonstigen Gebrauchtwaren ist eine Reinigung von
Arzneimitteln bzw. von Arzneimittelpackungen in der Regel unmöglich. Auch diesem

noch Rolf Heider nicht unerheblichen Gesundheitsrisiko ist bei der Weitergabe von möglicherweise
verkeimten Arzneimitteln Rechnung zu tragen.

Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber entschlossen, es zuzulassen, dass
nur ungenutzte Arzneimittel aus Gemeinschaftseinrichtungen wie Alten- und Pflege-
heimen und Hospizen für andere Patientinnen und Patienten in diesen Einrichtungen
weiter verwendet werden können. Hier ist nämlich in der Regel davon auszugehen,
dass die oben beschriebenen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen eingehalten
werden können. Dies liegt insbesondere daran, dass in diesen Einrichtungen Arz-
neimittel unter der Verantwortung von Fachpersonal zentral gelagert werden. Unge-
nutzte Arzneimittel müssen deshalb in diesen Einrichtungen nicht mehr wie bislang
vernichtet werden.

Eine nicht gewerbsmäßig erfolgende Rückgabe von nicht mehr benötigten Arznei-
mitteln aus Privathaushalten an Apotheken ist dagegen nicht ausdrücklich arznei-
mittelrechtlich geregelt. Sie wäre jedoch grundsätzlich möglich. Allerdings dürfen
Apotheken nur solche Arzneimittel weitergeben, bei denen keine begründeten Zwei-
fel an der Sicherheit des Arzneimittels bestehen. Diese Sicherheitsgarantie können
Apotheken in der Regel für Arzneimittel aus privaten Haushalten nicht abgeben.
Apotheken nehmen deshalb in der Regel Medikamente aus Privathaushalten nicht
zurück, um sie wiederzuverwenden. Dies geschieht nicht zuletzt auch vor dem Hin-
tergrund, dass Patienten, die durch zurückgegebene und wieder verwendete Arz-
neimittel Nebenwirkungen und Arzneimittelschäden erleiden, deutlich geringere Aus-
sichten hätten, Schadenersatz hierfür geltend zu machen. § 84 Arzneimittelgesetz
(AMG) sieht eine besondere Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unterneh-
mers für unvertretbare schädliche Wirkungen seines Arzneimittels sowie Beweis-
erleichterungen für geschädigte Patienten vor. Allerdings ist die Ersatzpflicht ausge-
schlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen
Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und

noch Rolf Heider Herstellung haben. Bei einer Rückgabe von aus Privathaushalten stammenden Arz-
neimitteln kann eine Garantie für ordnungsgemäße Aufbewahrung des Arzneimittels
während der Dauer des Besitzes in privaten Händen von niemandem abgegeben
werden. Die Zurechnung der verschärften Gefährdungshaftung des § 84 AMG an
den pharmazeutischen Unternehmer wird hierdurch möglicherweise unterbrochen.

Umso wichtiger ist es, dass Ärzte gezielt Einzeldosen verschreiben und Apotheken
auch einzelne Tabletten an Patienten abgeben. Damit kann von vornherein einer
Ansammlung von überflüssigen vollständigen Packungseinheiten bei Patienten ent-
gegengewirkt werden. Nach Ansicht des Petitionsausschusses ist dies jedenfalls die
sicherste Möglichkeit, von vornherein unnötige Kosten für Patienten und Kranken-
kassen entstehen zu lassen.

Zu dem vom Petenten angesprochenen Umweltproblem merkt der Petitionsaus-
schuss an, dass es sich aus abfallrechtlicher Sicht bei Altarzneimitteln tatsächlich um
sogenannten "Siedlungsabfall" handelt. Die Entsorgung über den Hausmüll ist damit
grundsätzlich zulässig. Sofern der Hausmüll verbrannt wird, können geringe Mengen
Altarzneimittel. z.B. einzelne Pillen, Dragees oder geringe Mengen an Tropfen in der
Regel problemlos mit dem übrigen Siedlungsabfall entsorgt werden. Wie der Haus-
müll kommunal entsorgt wird, lässt sich über die zuständigen Gemeinden und
Gemeindeverbände sowie die zuständigen Landesministerien erfahren. Ungeeignet
ist dagegen die Entsorgung über die Toilette oder das Waschbecken. Arzneimittel
sollten auf keinen Fall über diesen Weg vernichtet werden, da sie so über das Ab-
wasser bei unvollständigem Abbau in der Kläranlage in das Grund- oder Ober-
flächenwasser und somit wenn auch in geringen Spuren in das Trinkwasser
gelangen können.

Auch wenn dem Petenten in seiner Apotheke offensichtlich der Rat gegeben wurde,
die Medikamente wieder mitzunehmen und bei sich zu entsorgen, sind die Apothe-

noch Rolf Heider ken und die Schadstoffsammelstellen in den Kommunen die erste Wahl für eine
sichere Entsorgung nicht mehr benötigter Arzneimittel. Dort werden in der Regel Alt-
arzneimittel kostenlos zurückgenommen, um sie dann einer fachgerechten Entsor-
gung zuzuführen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren
abzuschließen, da dem Anliegen des Petenten teilweise Rechnung getragen worden
ist.


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