Mit großer Sorge verfolgen die Menschen die Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), die hausärztliche Notfallpraxis an der Virngrundklinik in Ellwangen zum 30. Juni 2025 zu schließen - ohne Beteiligung der betroffenen Stadt, des Landkreises oder der örtlichen Bevölkerung. Auch die Ärzteschaft vor Ort wurde in die Entscheidungsfindung nicht einbezogen. Aber nicht nur Ellwangen ist von den voreiligen Schließungen durch die KVBW betroffen. Vielen anderen Städten im Land geht es genauso.
Der Eindruck, dass ländliche Räume wie etwa der Virngrund als strukturell vernachlässigbar gelten, verstärkt sich dadurch leider auf fatale Weise.
Diese Entscheidung wurde - wie bei zahlreichen weiteren Standorten im Land - ausschließlich durch die KVBW im Rahmen ihrer Selbstverwaltung getroffen, ohne dass gesetzlich vorgesehen wäre, Kommunen oder Parlamente in die Planung einzubeziehen. Sie ist zwar formal rechtskonform, entbehrt jedoch jeder demokratischen Legitimation. Diese Entscheidung betrifft jede einzelne und jeden einzelnen - vom Säugling bis zur Seniorin.
Daher ist es nicht nachvollziehbar, dass Entscheidungen dieser Tragweite, ganz ohne die Beteiligung, geschweige denn die Mitbestimmung gewählter Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Gremien und des Landtags getroffen werden.
Wir erkennen die Herausforderungen durch den bundesweiten Mangel an Ärztinnen und Ärzten sowie medizinischem Fachpersonal ausdrücklich an.
Gleichwohl darf dieser Mangel nicht dazu führen, dass ganze Regionen medizinisch abgehängt werden - oder dass Versorgungslücken ohne vorherige Überlegungen zu tragfähigen Alternativkonzepten entstehen.
Eine wohnortnahe und verlässliche ärztliche Versorgung außerhalb der regulären Praxiszeiten ist essenziell für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung. Wer abends oder am Wochenende dringend medizinische Hilfe benötigt, soll sich darauf verlassen können, zeitnah eine hausärztliche Behandlung zu erhalten – ohne weite Wege oder lange Wartezeiten. Deshalb müssen die bestehenden Strukturen des hausärztlichen Bereitschaftsdienstes erhalten und eher gestärkt werden, um eine flächendeckende und wirtschaftlich tragfähige Versorgung sicherzustellen.
Es geht bei dieser Entscheidung der KVBW mehr als nur um eine Praxis - es geht um Vertrauen in die Gesundheitsversorgung, um Daseinsvorsorge, um Teilhabe und um gleichwertige und gerechte Lebensverhältnisse in ganz Baden-Württemberg.
Ein ordnungsgemäßes Verfahren ist die Grundlage für Legitimität. Ohne Legitimität fehlt die Akzeptanz. Deshalb müssen die Menschen, wenn sie von derart weitreichenden Entscheidungen betroffen sind, in den Prozess einbezogen werden.